Fantasy Filmfest
Interview

Interview mit Artur Brzozowski (Co-Director des Fantasy Filmfest)

Das 34. Fantasy Filmfest steht vor der Tür und wir hatten das Vergnügen, mit Co-Director Artur Brzozowski ein Interview führen zu dürfen.

Im September findet wieder das Fantasy Filmfest in sieben deutschen Städten statt. Ausgestattet mit 21 Genre-Perlen, gibt es trotz Corona so einiges zu entdecken. Alle Informationen zu den Filmen, Spielzeiten und Ticketpreisen findet ihr auf der Homepage des Fantasy Filmfests: http://fantasyfilmfest.com/

Mit Artur haben wir uns über seine Lieblingshorrorfilme, die Festivalorganisation während Corona, die Besonderheiten des Fantasy Filmfests, das diesjährige Programm und einiges mehr unterhalten. Viel Spaß!


Artur BrzozowskiHallo Artur! Vielen Dank, dass du dir während der stressigen Vorbereitung auf das Festival Zeit für uns nimmst.
Nachdem dich nicht alle unserer Leser_innen kennen werden, magst du dich kurz vorstellen?

Ich bin Artur Brzozowski, Co-Director des Fantasy Filmfests. Beim Fantasy Filmfest bin ich seit über zehn Jahren dabei, erst im Gäste-Management, dann lange für die Technik, die Online Communication und das Programm zuständig. Seit 2019 führen wir nun das Festival als Trio.

Welcher Horrorfilm der letzten rund fünf Jahre konnte dich vollends überzeugen?

Den einen kann ich nicht nennen, aber wenn ich an Genre-Filme, die ich in den letzten fünf Jahren gesehen habe, denke und an welche ich mich erinnern kann, dann fallen mir folgende Titeln ein: Der Leuchtturm, für mich der absolut perfekte Film. Ich bin ein großer Fan von Trey Edward Shults und fand It Comes at Night sehr atmosphärisch und stimmig. Ansonsten Hounds of Love ließ mich schwitzen und der Guilty Pleasure der letzen Jahre Mandy.

Gibt es für dich Schlüsselfilme im Genre, die jeder und jede mal gesehen haben sollte?

Ich finde, dass es sehr generationsabhängig ist. Ich bin mit Scream und I Know What You Did Last Summer und auf der anderen Seite David Lynchs Mulholland Drive groß geworden, deswegen denke ich immer, dass Genrefilme einerseits Spaß machen sollen und anderseits innovativ sein sollten. Diese Filme haben mich weiter neugierig auf mehr gemacht.

Viele Menschen denken, dass Horror-Filme nur eklig sind und literweise Blut zeigen. Für die empfehle ich immer meine Lieblingsfilme aus dem Genrebereich wie Diabolique, Eyes Without a Face oder Vertigo.

Gerade in englischsprachigen Publikationen zu Genreproduktionen ist in den letzten Jahren vermehrt von „Elevated Horror“ die Rede. Was hältst du von dem Begriff und siehst du hier eine allgemeine Entwicklung im Horrorgenre?

Ich finde, dass es ein sehr schöner Begriff ist, um den „Arthouse Horror“ zu beschreiben. Ich bin ein großer Fan des Unausgesprochenen in Filmen und deswegen freue ich mich, dass inzwischen sehr viele Filme subtil mit Genre-Elementen arbeiten. It Follows ist meiner Meinung nach das beste Beispiel aus den letzten Jahren, der mir bei dem Begriff Elevated Horror einfällt. Man gruselt sich wie verrückt bei dem Film, aber der Film bietet so viel mehr als cheap thrills. Zum Schluss ist es natürlich nur ein Begriff und ein Versuch der Kategorisierung. Ich halte eine verkopfte Herangehensweise an Film für unnötig.

Würdest du sagen, dass sich das Programmausrichtung des FFF über die Jahre gewandelt hat? Oder bleibt die Grundausrichtung ungefähr gleich?

Die Grundausrichtung bleibt gleich, wir stehen für hochwertige Filmproduktionen; sei es mit viel oder wenig Budget. Unser Motto ist Fear Good Movies und wir versuchen bei der Auswahl diesem treu zu bleiben. Über so viele Jahre ändern sich jedoch nicht nur die Geschmäcker des Publikums, sondern auch der Filmemacher. Noch vor zehn Jahren gab es eine große Welle an französischen Filmen, die sich einiges getraut haben, später hatte das skandinavische Kino einen Vorsprung angelegt. Meiner Meinung nach kamen in den letzten Jahren die interessantesten Beiträge aus Südamerika, dem amerikanischen Indepentent-Bereich und Asien. Dieses Jahr hätten wir das komplette Programm mit asiatischen Filmen füllen können.

Was ist die Besonderheit des FFF, wodurch unterscheidet sich das FFF von anderen Genrefestivals?

Ich finde, dass besonders in Europa identifizieren sich Genrefestivals stark mit dem Klischeebild von Horror. Wir sehen das Genre etwas breiter und möchten auch Filme präsentieren, die vielleicht auf Anhieb nicht jeder auf einem Genrefestival sehen würde, wie beispielsweise Climax von Gaspar Noé oder unser diesjähriges Centerpiece und das Herzstück des Festivals Dinner in America.

Das besondere am FFF ist auch seine Struktur. Wir sind ein Festival, das in sieben Städten fast zugleich stattfindet. Ein Genre-Festival in der Struktur gibt es sonst nicht.

Dinner in America
Dinner in America

Das FFF lebt allein von Sponsoring und Ticketeinnahmen. Wie kommt es, dass es keine Subventionen gibt? Ist das eine bewusste Entscheidung, um sich nicht von der öffentlichen Hand abhängig zu machen oder hat der Genrefilm nach wie vor so einen schwierigen Stand, dass er kaum bis gar nicht öffentlich gefördert wird?

Das stimmt, das Festival ist auf Ticketeinnahmen und Sponsoring angewiesen, viel entspannter wäre es natürlich, wenn wir gefördert wären. Leider ist es nach wie vor so, dass Horror-Filme direkt als unseriös angesehen werden. Obwohl Deutschland eine sehr gute Filmtradition in dem Bereich hat, wird das oft vergessen und aus Angst sich einem Vorwurf der „Gewaltverherrlichung“ zu stellen, machen alle lieber dicht. Zudem finden wir in sechs verschiedenen Bundesländer statt und werden nicht als Lokalevent verstanden und müssen es deswegen selber stemmen und jedes Jahr aufs Neue kämpfen, was aber auch positive Auswirkung hat, denn wir bleiben somit immer wach und verfallen nicht in Routine.

Was waren die größten Herausforderungen bei der Organisation des Festivals in Zeiten von Corona? Was hat euch schlussendlich dazu bewogen, es in kleinerem Umfang durchzuziehen, anstatt es abzusagen?

Das Hauptproblem ist die Unsicherheit. Wir konnten kaum was planen, da wir nicht wussten wie die Hygiene-Regeln aussehen werden. Auch müssen wir wirtschaftlich arbeiten und sehr auf unsere Produktionskosten achten. Wir haben deswegen auch mit einem Risiko gerechnet, dass das Festival ausfallen muss oder wir keine Zuschauer animieren können. Vor einem Monat haben wir unsere FFF Nights, die eigentlich an einem Wochenende im April stattfinden sollten, durchgeführt. Unsere ZuschauerInnen waren sehr kinohungrig und sind zahlreich erschienen. Alles verlief nach Plan.

Mit dieser Erfahrung haben wir uns getraut dieses Jahr das Festival durchzuführen; auch wenn nur in einer abgespeckten Form. Wir zeigen 21 anstelle von über 50 Filme und sind in jeder Stadt nur fünf Tage anstatt zehn.

Wie schwierig war der Einigungsprozess, sich auf wesentlich weniger Filme einigen zu müssen, und was muss der klassische FFF-Film haben, damit ihr ihn unbedingt zeigen wollt?

Bei der diesjährigen Programmierung haben wir uns jedes Mal die Frage gestellt, ob man für diesen Film ins Kino gehen würde und dabei darauf geachtet, dass wir etwas Spezielles, Wertvolles oder Verrücktes zeigen. Wir mussten natürlich sehr viele Filme aussortieren, aber auch diese, die wir besonders mochten, sehen wir noch nicht als verloren, denn auch im Januar haben wir unser kleines Event, die FFF White Nights, und hoffen diese dann zeigen zu dürfen.

Da wir nur 21 filme zeigen, haben wir auch darauf geachtet, nicht zu einseitig zu sein und wie im Fall des großes Festivals möglichst viele Genres zu präsentieren. Wir hatten die eine oder andere heftige Diskussion geführt, da jeder von uns drei den einen oder anderen Film unbedingt unterbringen wollte.

Auf was dürfen sich die Genre-Fans dieses Jahr gefasst machen? Was sind deine persönlichen Favoriten, die sich unsere Leserschaft auf keinen Fall entgehen lassen darf?

Da wir nur 21 Filme zeigen, muss ich sagen alle, aber wenn ich nur drei Filme aussuchen könnte wäre es Get the Hell Out, der diesjährige Midnight-Madness-Beitrag auf dem Toronto International Film Fest, der neue Film von Quentin Dupieux Mandibles, bei dem wir eine Riesenfliege zur Schau bekommen und der Mindfuck-Film von Brandon Cronnenberg Possessor.

Generell ist es uns gelungen trotz der Pandemie und all den Verschiebungen der Veröffentlichungen, ein sehr gutes Programm abzuliefern. Wir eröffnen mit dem Hit aus Sundance Palm Springs. Der beste Film für die Zeiten, in welchen wir gerade leben.

Palm Springs
Palm Springs

Was waren deine größten Highlights in den letzten Jahren?

Zu meinen persönlichen Highlights aus dem FFF-Programm gehörten definitiv: Climax, Under the Silver Lake, Luz, Raw, Psycho Raman, The Greasy Strangler, The Killing of the Sacred Deer.

Ich glaube nach der Analyse der von mir genannten Titeln, kann man nicht unbedingt mein Geschmack feststellen. Ich mag einfach gutes Kino.

Was war dein absurdeste/witzigstes Erlebnis im Zusammenhang mit dem FFF?

Es gab einen technischen Fehler bei einer Vorführung eines Films von Gaspar Noé. Mein Kollege, der diesen Film nicht kannte, hat ihn anmoderiert und erzählt, dass die Zuschauer sich auf einiges einstellen müssen, denn sowas haben sie noch nie gesehen. Er sei sehr ungewöhnlich und wenn sie sich fragen was soll, dass die Antwort sei: es sollte so. Das Bild lief dann die ersten zehn Minuten auf dem Kopf und keiner im Zuschauerraum hat sich nach der Ansage getraut, Bescheid zu geben, auch unser Kollege dachte das sei ein künstlerische Mittel. Zum Glück war der Vorführer wach genug und konnte den Film dann in der „konservativen“ Variante zeigen.

Wie sieht die Entwicklung des FFF in den nächsten Jahren aus? Worauf dürfen wir uns freuen?

Ich bin sicher, dass nächstes Jahr einige gute Filme, die dieses Jahr in die Schublade gesteckt worden sind, nächstes Jahr den Weg zum Festival finden!

Vielen Dank für das spannende Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit dem Fantasy Filmfest!

Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?