Exorzismus 2.0
Kritik

Exorzismus 2.0 (2020) – Review

Damien LeVeck adaptiert mit Exorzismus 2.0 seinen 2016 veröffentlichten Kurzfilm als Spielfilm und vermischt klassische Teufelsaustreibung mit aktueller Social-Media-Thematik. Wir haben uns für euch in den Livestream eingeklinkt!

Originaltitel: The Cleansing Hour
Land: USA
Laufzeit: 94 Minuten
Regie: Damien LeVeck
Drehbuch: Damien LeVeck,  Aaron Horwitz
Cast: Ryan Guzman, Kyle Gallner u.a.
VÖ: Ab 20.08.2020 im Handel

Hintergründe & Inhalt

Die beiden Freunde Drew und Max veranstalten regelmäßig die Webshow „Exorzismus 2.0“. Mit gestellten Exorzismen sollen leichtgläubige Zuschauer abgefangen werden. Als sich die Planungen für die nächste Show kurz vor der Liveschaltung zerschlagen, hilft Drews Verlobte Lane aus. Doch plötzlich schaltet sich ein echter Dämon ein, der von Lane Besitz ergreift und nicht so einfach wieder weichen möchte. Aus der Show wird bitterer Ernst.

Kritik

Filmische Teufelsaustreibungen finden seit geraumer Zeit großen Anklang in der Horror-Welt. Damien LeVeck, der 2016 mit The Cleansing Hour die Vorlage für seinen Spielfilm auf die Menschheit losließ, erweitert das klassische Exorzismus-Szenario und kombiniert geschickt das Thema Social-Media mit traditioneller Dämonenaustreibung. Die Gefahren nicht überbrückbarer Leerläufe, die eine Adaption von Kurz- auf Spielfilmlänge mit sich bringen, werden von Regisseur LeVeck geschickt umschifft. Der Filmemacher nutzt die hinzugewonnene Zeit unter anderem, um unsere Social-Media-Besessenheit zu reflektieren. So ist es Fake-Exorzist Max, der mit der Tatsache hadert, nicht genug Likes für ein verifiziertes Profil zu besitzen und deshalb von seinen Mitmenschen nicht genug respektiert zu werden. Selbst in der Öffentlichkeit kann der Selbstdarsteller seine Netzpersönlichkeit nur selten ablegen und nutzt diese beispielsweise um Groupies abzuschleppen. Ryan Guzman verkörpert seine Rolle als Max absolut souverän und transportiert die Gefühlswelt des „Priesters“, der gezwungenermaßen und unter dem Druck des eingeschlichenen Dämons im Laufe der Webshow sein wahres Gesicht vor der Öffentlichkeit zeigen muss, ausgesprochen gut.

Exorzismus 2.0

Auch die Sensationsgeilheit findet immer wieder ihren Platz in LeVecks Erzählung. Je mehr es in der Webshow zur Sache geht, je mehr sich die Situation zuspitzt und die Gewalt zu steigen droht, desto rapider steigen die Zuschauerzahlen. Immer wieder wechselt Exorzismus 2.0 zwischen der Teufelsaustreibung und den Zuschauern, die aus Kindern am Esstisch, Frauen bei Autopannen oder gewöhnlichen Streifenpolizisten während des Diensts bestehen. Sie alle folgen dem Geschehen fast schon hypnotisiert und vergessen dabei die reale Welt um sich herum. In Zeiten, in denen sich täglich tausende Menschen auf Internetseiten wie „LiveLeak“ Hinrichtungsvideos, Autounfälle und Verbrechen ansehen und die Gier nach gewaltverherrlichendem Videomaterial in erschreckende Sphären abzurutschen droht, ist LeVecks Inszenierung vermutlich näher an der Wahrheit, als man gern glauben würde. Wer zwischendurch einen Blick auf den hin und wieder eingeblendeten Chat wirft, wird mit Live-Kommentaren konfrontiert, die aus Zuspruch, misogyner Kritik wie „Why are there no Bitches in this Episode?“ oder Fake-Aufrufen wie „Follow me on Tinder!“ bestehen. Authentischer hätte LeVeck den Live-Stream kaum inszenieren können und deckt dabei die bunte Palette an aufmerksamen Zuschauern, Internet-Proleten und Fake-Accounts komplett ab.

Exorzismus 2.0

Dramaturgisch nutzt Exorzismus 2.0 also die Chance, die nur all zu gut bekannten Mechanismen unzähliger Genre-Kollegen auszubauen. Dabei präsentiert sich LeVecks Beitrag überaus schwarzhumorig. Nicht zu viel, um ins Lächerliche abzurutschen, aber trotzdem genug, um allzu großer Ernsthaftigkeit einen Riegel vorzuschieben. Die Effekte sind ordentlich und auch auf darstellerischer Ebene braucht sich Exorzismus 2.0 nichts vorzuwerfen. Neben Ryan Guzman als Max und Kyle Gallner als Drew überzeugt vor allem Alix Angelis in der Rolle der Lane, die es schafft, den Zuschauer mit ihrer Verkörperung dämonischer Besessenheit in Angst und Schrecken zu versetzen. Etwas schade, dass dem Exorzismus-Livestream gegen Ende deutlich die Luft ausgeht. Das Setting, überwiegend im Studio der Liveshow gehalten, bietet eben nur begrenzt Möglichkeiten und sorgt dafür, dass man sich gegen Ende in Fahrwassern hundertfach gesehener, auf Film gebannter Austreibungen wiederfindet.

Exorzismus 2.0Fazit

Exorzismus 2.0 ist deutlich weniger subtil, als die großen Vorbilder, legt ein hohes Tempo an den Tag und schafft es, gerade durch die Einbindung der heute überaus populären Livestream-Thematik, einen durchaus innovativen Genrebeitrag zu konstruieren. Hier und da stolpert LeVecks Spielfilm-Adaption zwar über seine Ambitionen, erfrischend bleibt der Streifen aber nahezu über seine gesamte Laufzeit. Die Idee, die Social-Media-Kultur reflektierend in die Geschichte einzubinden, wirkt zwar interessant, letztlich ist die Auseinandersetzung mit dem Thema aber leider oft zu oberflächlich und unkritisch, um Exorzismus 2.0 wirklich als neues Sternchen im Genre zu etablieren.

 

Bewertung

Grauen Rating: 3 von 5
Spannung Rating: 3 von 5
Härte Rating: 3 von 5
Unterhaltung Rating: 4 von 5
Anspruch Rating: 2 von 5
Gesamtwertung Rating: 3 von 5

Ab 20.08.2020 im Handel:

Exorzismus 2.0 Exorzismus 2.0

Bildquelle: Exorzismus 2.0 © EuroVideo Medien GmbH

Als großer Fan des Horror-Kinos, insbesondere der alten Schule, diskutiere ich immer gerne mit meinen Mitmenschen über das, was mir ein Film mitgibt. Ich freue mich darauf, mich mit euch über die unendlichen Weiten des Horror-Genres auszutauschen! :)

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