Dry Blood
Kritik

Ghost Cabin – Du sollst nicht töten (2017) – Review

Selbstverordneter Drogenentzug in der Waldhütte – da war doch was? Die Story von Ghost Cabin – Du sollst nicht töten erinnert dezent an Jane Levys fulminanten Horrortrip aus Evil Dead. Kann der Independent-Schocker mit seinem großen Vorbild mithalten? Wir verraten euch, ob der erneute Ausflug in die Blockhütte sich lohnt.

Originaltitel: Dry Blood
Land: USA
Laufzeit: 84 Minuten
Regie: Kelton Jones
Drehbuch: Clint Carney
Cast: Clint Carney, Jaymie Valentine, Kelton Jones u.a.
VÖ: Ab 04.06.2020 auf Blu-ray, DVD und als Video-on-Demand

Inhalt

Der drogenabhängige Brian (Clint Carney) will sein Leben endlich auf die Reihe bekommen und zieht sich dazu in eine einsame Waldhütte zurück. Unterstützt von Ex-Freundin Anna (Jaymie Valentine) stellt er sich hier dem kalten Entzug, der ihn schon bald mit unheimlichen Halluzinationen plagt. Heimgesucht von rachsüchtigen Geistern, fällt es dem verängstigten Brian zunehmend schwer, zwischen Realität und Fantasie zu unterscheiden. Seine Paranoia wird verstärkt durch einen aufdringlichen Dorfpolizisten (Kelton Jones, The Evil Down the Street), der ihm überall aufzulauern scheint. Am Ende seiner Kräfte beschließt Brian, sich den Halluzinationen zu stellen und deckt dabei ein dunkles Geheimnis auf.

Kritik

Horror in der Waldhütte gehört inzwischen zum klassischen Genre-Repertoire und Filme wie Cabin in the Woods oder Evil Dead haben in den vergangenen Jahren gezeigt, wie viel Potenzial noch immer in diesem Klassiker schlummert. Das Setting ist nicht neu, aber vielversprechend: Ein Drogenkranker begibt sich in eine abgelegene Waldhütte, die zur Projektionsfläche seiner inneren Dämonen wird. Schwindender Realitätssinn trifft auf psychedelische Drogenästhetik und bietet viel Raum für künstlerische Kreativität. Wie leicht man sich daran allerdings die Finger verbrennen kann und dass eine Waldhütte allein noch keinen guten Horrorfilm macht, zeigt aktuell wieder Ghost Cabin – Du sollst nicht töten.

Dry Blood
Sinistres Treiben in der Blockhütte

Der Grusel steht erst einmal hintan, da Drehbuchautor und Regisseur sich in den Kopf gesetzt haben, zunächst die Charaktere und ihre Beziehung zueinander in einer Art psychoanalytischen Nabelschau vorzustellen. Da man den Figuren auf fünf Meilen ansieht, dass sie am Reißbrett entworfen wurden, entpuppt sich dies jedoch als eine ziemliche Zeitverschwendung, deren Ergebnis man bereits vorab ahnt: Bahnbrechende Enthüllungen gibt es nicht, dafür jede Menge Langeweile. Einem Drogenkranken in seinem Elend zuzuschauen, ist eben nicht zwangsläufig unterhaltsam. Erschwerend kommt die desaströse Synchronisation der Ex-Freundin hinzu, die, bei geschlossenen Augen, auch einem 90er-Jahre-Softporno entkommen sein könnte.

Die Beteiligten bringen eigentlich jede Menge Erfahrung im Filmgeschäft mit: Regisseur Kelton Jones, der mit Ghost Cabin sein Spielfilmdebüt gibt, wirkte schon als Kameramann (Die Passion Christi), Darsteller, Drehbuchautor und Produzent, während Hauptdarsteller Clint Carney, der hier seinen Einstand als Schauspieler feiert und das Drehbuch schrieb, u.a. für die Props bei Filmen wie Gone Girl oder The Cloverfield Paradox zuständig war. Obwohl Carneys Darstellung des halluzinierenden Drogenkranken stellenweise wie ein misslungenes Nicolas-Cage-Reenactment anmutet, schlägt er sich in seiner ersten Rolle für Independent-Verhältnisse recht gut.

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Brian mit seinem Lieblingsaccessoire

Gegen die fehlende Dynamik des Films kann er allerdings auch nicht anspielen. Abgesehen von wenigen Spannungsmomenten und vereinzelten, lieblos platzierten Jump-Scares, dümpelt der Alltag in der Ghost Cabin so vor sich hin. Die praktischen Spezialeffekte sind zwar herausragend, kommen aber eindeutig zu kurz. Erst im Finale drückt der Film in Sachen Gore richtig auf die (Kunstblut-)Tube und zelebriert eine rote Orgie aus Körperteilen und Innereien, die derart lustvoll und temporeich inszeniert ist, dass sie gar nicht recht zum übrigen Film passen will. Das mangelnde Budget ist Ghost Cabin in diesen Szenen nicht mehr anzusehen, dafür wird die Begeisterung der Filmemacher*innen für das Horror-Genre spürbar. Das rabenschwarze Ende ist dann zwar einigermaßen zufriedenstellend, der Weg dorthin jedoch mehr als beschwerlich.

Dry Blood
Nächtlicher Damenbesuch

Fazit

Ghost Cabin ist ein ambitioniertes Independent-Projekt, dessen Macher*innen sich ausprobieren und experimentieren wollten – nur ansehen kann man es dem Film leider nicht. Das Ergebnis bleibt unausgegoren und kann mit seiner langatmigen Inszenierung trotz grandioser Spezialeffekte nicht überzeugen. In dem Falle gilt wohl: Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten.

Fans praktischer Effekte können direkt bis zum Ende vorspulen, alle anderen sollten auf die nächste verfluchte Blockhütte warten und derweil mit Evil Dead vorliebnehmen.

 

Bewertung

Grauen Rating: 2 von 5
Spannung rating1_5
Härte  rating4_5
Unterhaltung  Rating: 2 von 5
Anspruch  Rating: 2 von 5
Gesamtwertung Rating: 2 von 5

Ab 04.06.2020 im Handel:

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Bildquelle: Ghost Cabin – Du sollst nicht töten © Tiberius Film

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

...und was meinst du?