Kritik

Artik (2019) – Review

Artik erzählt die Geschichte einer unglückseligen Vater-Sohn-Beziehung, die durch einen tugendhaften Fremden ins Wanken gebracht wird.

Originaltitel: Artik
Land: USA
Laufzeit: 77 Minuten
Regie: Tom Botchii
Drehbuch: Tom Botchii
Cast: Chase Williamson, Jerry G. Angelo, Lauren Ashley Carter, u.a.
VÖ: Seit 23.04. als VoD, ab 07.05.2020 als BD/DVD

Inhalt

Adam (Gavin White, 14 Cameras) durchlebt keine konventionelle Kindheit – seine Mutter Flin (Lauren Ashley Carter, The Woman) ist ein cholerischer Putzteufel, die sich mehr schlecht als recht um ihn und eine Gruppe gefangener Jungenkümmert, die bei der alljährigen Erne helfen. Sein Vater Artik (Jerry G. Angelo, The Janitor) ist besessen von Comics und ein brutaler Serienmörder, der Adam trainiert, damit dieser in seine Fußstapfen tritt. Eines Tages trifft Adam auf den mysteriösen Holton (Chase Williamson, The Guest), der ihm zum ersten Mal wahre Freundlichkeit entgegenbringt und Adam erkennt, dass es eine andere Lebensweise für ihn geben könnte.

Kritik

Regisseur Tom Botchii hat mit wenig Budget einen außergewöhnlich düsteren und melancholischen Indie-Horror geschaffen, dem es durch seine Fokussetzung gelingt, sich von der Fülle an Serienmörder-Filmen abzuheben. Der Blick auf einen Mörder, der sich seine Moralvorstellungen aus Comics ableitet, macht Artik zu etwas Besonderem. Daraus ergibt sich eine düstere Superheldengeschichte, in der alles hoffnungslos und verlassen wirkt, einschließlich der Menschen. Die praktischen Effekte sind sehr gut gemacht und blutig, aber nie verliert sich die Gewalt im Selbstzweck. Verfeinert mit dem gut abgestimmten Soundtrack von Corey Wallace, erinnern die Sequenzen an die Grobheit von Texas Chainsaw Massacre oder den frühen Werken von Wes Craven.

Artik

Im Fokus steht jedoch die subtil angelegte Charakterisierung der einzelnen Figuren. Jerry G. Angelo spielt Artik, ein muskulöser, bärtiger Riese, der aus seinen Comics zitiert, als wäre es das Evangelium. Er könnte wirklich eine Figur aus seinen Comics sein, die versucht herauszufinden, wie man sich zwischen Mensch ausgibt, aber keine gute Arbeit leistet. Er zwingt seine Entscheidungen den Menschen in seiner Umgebung auf und manipuliert Adam seinem mörderischen Lebensstil zu folgen. Obwohl er mit harter Brutalität gegen seine Opfer vorgeht, hält er seine Morde für eine Art Kunst, die er der Welt mitteilen möchte. In Verbindung mit Angelos Performance gibt es einige großartige visuelle Referenzen auf die US-amerikanische Comiclandschaft, auch wenn nie eindeutig geklärt wird, woher die Besessenheit stammt. Der Zuschauer erfährt frühzeitig, dass Artik nach bestimmten Personen sucht, aber nicht den Grund dafür. Dennoch ist es offensichtlich, dass der Metallarbeiter Holton als sein Gegenspieler fungiert.

Sein Wissen über das Leben in einer gewalttätigen Familie, sein geradliniger Lebensstil und seine hilfsbereite Art werden im Verlauf der Geschichte zu einer Inspiration für Adam, seinem unglücklichen Leben zu entkommen. Seit der Eröffnungsszene pulsiert jede Szene des Jungschauspielers Gavin White mit Wut und Scham, die unter der Oberfläche brodeln. Adams Leben und das der anderen Jungen auf der Farm fühlt sich zunächst an, als wäre es eine alternative Realität oder in einer dystopischen Zukunft angesiedelt. Aus der kindlichen Sicht ist diese Welt ein gefährlicher und einsamer Ort, in dem jeder irgendwem gehört. Wenn er aber auf Holton trifft, ändert sich diese Sicht und auch dem Zuschauer wird klar, wie Artiks Trugbilder den Jungen beeinflussen.

Artik

Die Kinder der Farm scheinen keinen Bezug zur Außenwelt zu haben, was es für Artik und seine Ehefrau Flin leichter macht, sie zu manipulieren und nach ihrem Willen zu formen. Flin ist im Grunde noch beängstigender als Artik. Lauren Ashley Carter spielt die pflichtbewusste Frau, die davon träumt, an einem sauberen und weniger chaotischen Ort zu leben. Trotz ihrer oberflächlich ruhigen Art scheint sie immer genau einen Moment davon entfernt zu sein, jemanden an die Kehle zu springen. Sie ist vielleicht nicht stark wie ihr Ehemann, aber die Dynamik zwischen den beiden ist insofern interessant, dass keiner den anderen zu dominieren scheint.

Artik

Es ist schade, dass Carter im Gegensatz zu den anderen Figuren weniger Screentime bekommt, obwohl ihre Figur viel Potential besitzt. Dieser Aspekt ist sicherlich der kurzen Laufzeit zuzuschreiben. Die Spielzeit von gerade einmal 69 Minuten ist auch der größte Kritikpunkt am Film. Rund 15 Minuten mehr hätten dem Artik durchaus gut getan, denn es gibt einige Stellen, die unzusammenhängend erscheinen und sich wie eine verpasste Gelegenheit anfühlen.

Fazit

Artik ist ein atmosphärischer Film, der vor allem Fans des rohen Indie-Horror ansprechen wird. Trotz seiner geringen Laufzeit versteht es Botchii, überzeugende Figuren zu erschaffen und eine spannende Handlung aufzubauen. Um die Aufmerksamkeit des Publikums nicht zu verlieren, setzt er weniger auf Schocks und komplizierte Wendungen als vielmehr auf handgemachte Effekte und eine dynamische Geschichte. In Zukunft wird man den Namen Tom Botchii sicherlich noch öfters hören.

Bewertung

Grauen
Spannung
Härte  
Unterhaltung  
Anspruch  
Gesamtwertung

Ab 07.05.2020 im Handel:

Artik Artik

Bildquelle: Artik © Tiberius Film

Horrorfilme… sind für mich eine Möglichkeit, Angstsituationen zu erleben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Es ist eine positive Art der Angst, da sich ein Glücksgefühl einstellt, sobald man die Situation durchgestanden hat. Es ist nicht real – könnte es aber sein. Das ist furtchteinflößend und gleichzeitig faszinierend.

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