Stummfilme
Toplisten

13 Horrorfilme aus der Stummfilm-Ära, die ihr gesehen haben solltet

Heute dreht sich alles um jene Werke, die das Fundament des Horror-Genres bilden. Wir wagen einen Blick in die Stummfilm-Ära und haben für euch 13 besonders sehenswerte Werke rausgesucht. Viel Spaß!

Der Name unseres Magazins soll auf die lange Geschichte des Horrorfilms hindeuten und wenn wir Georges Méliès Le manoir du diable von 1896 als ersten Horrorfilm der Filmgeschichte ansehen, dann hat unser geliebtes Genre sogar schon fast 125 Jahre auf dem Buckel.
Es ist daher dringend an der Zeit, einen Blick zurück zu werfen. Einen Blick zurück auf jene Werke, die das Horrorgenre bis heute prägen sollten.


13. Der Mann, der lacht (1928)

Der deutsche Regisseur Paul Leni adaptierte mit Der Mann, der lacht einen Roman des französischen Schriftstellers Victor Hugo um die Geschichte einer tragischen Liebe zwischen einem verstümmelten Adligen und einer blinden Schaustellerin.

England im 17. Jahrhundert. Lord Clancharlie, ein Edelmann und politischer Gegner des regierenden König Jakob II. von England, wird zum Tode in einer Eisernen Jungfrau verurteilt. Sein junger Sohn, Gwynplaine (Conrad Veidt), wird auf grauenvolle Art verstümmelt.
Traurig und heimatlos irrt Gwynplaine, der fortan eine Maske trägt, umher, bis er während eines Schneesturmes auf das heimatlose kleine Mädchen Dea trifft. Beide werden vom Scharlatan Ursus aufgenommen und eine ungewöhnliche Familienkonstruktion entsteht. Jahre später ist Gwynplaine der Star von Ursus‘ Freakshow und sichert mit seinem entstellten Aussehen den Lebensunterhalt. Doch die Reisen bringen ihn auch dem Geheimnis um seine adlige Herkunft auf die Spur und schließlich muss er sich entscheiden zwischen seinem Titel oder einer unsicheren Zukunft an Deas Seite.

Leni verbindet klassische Elemente des Melodrams, wie Liebe, Hässlichkeit und gesellschaftliche Zwänge, mit expressionistischer Finsternis, die für ein düsteres Filmerlebnis sorgt. Der atemberaubende visuelle Stil des Regisseurs wird nur durch die schauspielerische Leistung Veidts übertroffen. Alles dreht sich um das außergewöhnliche Gesicht von Gwynplaine. Der Schauspieler scheut sich nicht, die Emotionen allein durch seine Augen auszudrücken, da die Maske seine Mundpartie durchgehend starr erscheinen lässt. So sind seine Augen mit Tränen erfüllt, auch wenn er auf der Bühne steht und mit seinem Grinsen die Zuschauer unterhält.

Der Mann, der lacht ist ein tragisch-schöner Film, der sich zwischen Melancholie, voyeuristischem Horror und subtiler Fröhlichkeit bewegt. [Jana]

12. Orlac’s Hände (1924)

Der gefeierte Konzertpianist Paul Orlac (Conrad Veidt) verliert bei einem schweren Zugunglück beide Hände. Ohne sein Wissen transplantiert man ihm die Hände des soeben exekutierten Raubmörders Vasseur. Als Orlac von der dunklen Herkunft seiner neuen Gliedmaßen erfährt, verzweifelt er, denn der vormals sensible Künster fühlt sich zunehmend vom verbrecherischen Geist Vasseurs kontrolliert. Seine Frau Yvonne versucht noch Orlac zu retten, doch der weiß schon bald nicht mehr zwischen Wahn und Wirklichkeit zu unterscheiden …

Es ist faszinierend zu sehen, wie wenig Dialoge ein Film tatsächlich benötigt, um eine Geschichte zu erzählen – und wie oft moderne Filmemacher ins Erklären abdriften, statt einfach zu zeigen. Mit Orlac’s Hände hat Caligari-Regisseur Robert Wiene einen späten Klassiker des expressionistischen Films geschaffen, der auch bald einhundert Jahre nach seiner Kinopremiere noch zu faszinieren vermag, indem er sich auf die Wirkmacht seiner Bilder verlässt. Das Spiel mit Licht und Schatten beherrscht Wiene meisterhaft – jede Szene wird bereits durch die grandiose Lichtdramaturgie zu einem Stimmungsbild. Ohne auf spektakuläre Schockmomente zu setzen, entwickelt der Film ein subtiles Grauen, das vor allem Produkt der düster-alptraumhaften Grundstimmung sowie des expressiven Spiels der beiden Hauptdarstellenden ist. Gleichermaßen schön wie schrecklich ist das Leiden des Pianisten, sein langsamer Abstieg in den Wahn, anzusehen, während sich in den weit aufgerissenen Augen seiner Frau ein Schrecken spiegelt, der auch nach dem Publikum greift. Wer sich auf einen Stummfilm und die damit einhergehende besondere Seherfahrung einlassen kann, wird schon bald Wachs sein in Orlacs Händen. [Catherin]

11. Der Unbekannte (1927)

Fünf Jahre vor seinem Magnum opus Freaks inszenierte Tod Browning schon einmal einen Film rund um den Zirkus, mit dem der US-amerikanische Filmemacher bestens vertraut war, rann er doch im Alter von 16 Jahren von Zuhause weg, um sich eben diesem anzuschließen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht dieses Mal Alonso, verkörpert von Horror-Stummfilm-Ikone Lon Chaney (Das Phantom der Oper, 1925). Auf der Flucht vor dem Gesetz ist Alonso beim Zirkus untergetaucht und mimt den armlosen Messerwerfer. Doch weitaus mehr als seine Maskerade aufrecht zu erhalten, ist der Zirkuskünstler damit beschäftigt, das Herz von Nanon (Joan Crawford), der Tochter des Zirkusdirektors. Dieser ist jedoch nicht besonders erfreut über die Avancen und zusätzlich hat auch noch Muskelmann Malabar the Mighty (Norman Kerry, Der Glöckner von Notre Dame, 1923) ein Auge auf die junge Frau geworfen. Doch Alonso ist von dem Gedanken besessen, dass Nanon nur ihm allein gehört und setzt alles daran, dies auch in die Tat umzusetzen…

Aus dieser Ausgangssituation spinnt Regisseur und Drehbuchautor Browning eine äußerst morbide Ménage à trois des Wahnsinns und bietet darin vor allem Chaney eine Bühne, in der er glänzen kann. Chaney, Maskenbildner und somit Meister der Transformation, darf sich hier wieder voll und ganz einem gebrochenen Charakter hingeben und dessen Manie mit voller Inbrunst verkörpern, wie es wohl nur dieses Ausnahmetalent fertig bringen konnte. Selbst mit ausladender Gestik und verzerrter Mimik wirkt der Darsteller niemals lächerlich und sogar mit fortschreitendem Wahn immer Anker der Geschichte.
Bei einer solchen Bühnenpräsenz ist es kein Wunder, dass seine Ko-Stars alles dafür tun müssen, um nicht komplett zu verblassen. Glücklicherweise bewies Browning beim Casting ein äußerst gutes Gespür für seine Besetzung zu haben und konnte Chaney mit Norman Kerry einen überaus versierten Akteur zur Seite stellen. Beweisen konnte sich auch die junge Joan Crawford, die viele Horrorfans wahrscheinlich aus Was geschah wirklich mit Baby Jane? oder Die Zwangsjacke kennen.

Ein wahrlich beeindruckendes Werk der Stummfilmära mit einem Lon Chaney in Bestform. [Florian]

10. Der Student von Prag (1913)

Prag um 1820. Balduin (Paul Wegener, Der Golem, wie er in die Welt kam) gilt als „bester Fechter und wildester Student“ der Stadt, doch seine Geldbörse kann mit dem extravaganten Lebensstil nicht mithalten. Also verkauft er dem Scharlatan Scapinelli (John Gottowt, Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens) im Austausch für hunderttausend Goldgulden sein Spiegelbild. Der soziale Aufstieg soll ihm die Liebe der Komtesse Margit (Grete Berger, Metropolis) bescheren. Doch sein Glück kann Balduin nur kurz genießen, denn das verkaufte Spiegelbild entwickelt ein unheimliches Eigenleben …

Als Der Student von Prag 1913 in die Kinos kam, war das Medium Film noch jung – inzwischen gilt das „romantische Drama“ längst als Klassiker der Phantastik. Für das Drehbuch ließ sich Hanns Heinz Ewers, der auch Regie führte, von schwarzromantischen Stoffen wie Edgar Allan Poes „William Wilson“ inspirieren. Gleichzeitig nahm er Motive des späteren Expressionismus vorweg und nicht von ungefähr erscheint der zwielichtige Scapinelli wie der Ahnherr des Dr. Caligari.

Vor der nebelverhangenen Kulisse der Prager Altstadt entspinnt sich eine märchenhafte Schauergeschichte rund um einen faustischen Pakt und dessen katastrophale Folgen. Die Handlung ist übersichtlich und trotz weniger Zwischentitel leicht zu verfolgen; Ewers fokussierte sich stattdessen auf die Erzeugung einer Atmosphäre drohenden Unheils, die schwer in der Luft liegt und sich schließlich in einem düsteren Finale entlädt.

Die Begegnung zwischen Balduin und seinem Spiegelbild bannte Kameramann Guido Seeber mittels Doppelbelichtung auf die Leinwand. Der Student von Prag unternahm damit einen gewaltigen Schritt vom Theater, das den frühen Film in seinen Ausdrucksmitteln stark beeinflusste, hin zur eigenständigen Kunstform. Der doppelte Wegener wird seine Wirkung beim zeitgenössischen Publikum nicht verfehlt haben und sorgt aufgrund der technisch versierten Umsetzung auch mehr als hundert Jahre später noch für Unbehagen.

Der Student von Prag ist ein cineastischer Meilenstein, der zeigt, dass Deutschland auch schon vor 1920 eine Wiege des Horrorfilms war – als gekonnt inszenierter Slowburner ist er aber nicht nur etwas für Filmhistoriker, sondern für alle Fans von atmosphärisch erzählten Gruselgeschichten. [Catherin]

9. Der Golem, wie er in die Welt kam (1920)

Rabbi Löw, Sprecher der jüdischen Gemeinde Prags, ist beunruhigt. Er liest großes Unheil für sein Volk in den Sternen. Um das bevorstehende Übel abzuwenden, erschafft er, gemeinsam mit seinem Famulus, den Golem, einen aus Lehm geformten und mit Hilfe dunkler Magie erweckten Diener. Dieser erweist sich zunächst als nützliche Unterstützung. Doch der weise Rabbi muss bald erkennen, dass es wie so oft leicht ist, einen Geist zu rufen, doch wehe du wirst ihn nicht mehr los…

Der Golem, wie er in die Welt kam ist der dritte Film Paul Wegeners, der sich thematisch mit dem künstlichen Lehmmenschen der jüdischen Mythologie befasst und der einzige weitgehend erhaltene. Ein Umstand der äußerst bedauerlich ist, ist Wegeners Film ein Paradebeispiel für den Deutschen Expressionismus. Das ausgesprochen starke, mit seinen seltsam asymmetrisch verzerrten Kulissen an Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari erinnernde Szenenbild sowie das leicht überzogene, aber nie ins ungewollt alberne abdriftende Schauspiel der Akteure stehen hierfür eindrücklich Zeuge. Auch auf technischer Ebene hat der Film einige eindrucksvolle Momente zu bieten. So entstehen durch geschickte Montagen einige äußerst wirkungsvolle Effekte. Die Geisterbeschwörung des zweiten Kapitels wird durch die visuelle Umsetzung zu einer überaus düster-bedrohlichen und atmosphärisch dichten Angelegenheit, die es problemlos mit den meisten ähnlichen Szenen in späteren Produktionen aufnehmen kann. In der Tat ist es wohl nicht zu weit gegriffen Der Golem, wie er in die Welt kam, gemeinsam mit Hexen, zum Prototypen des okkulten Horrors zu erklären. Eine Affinität zum Stummfilm vorausgesetzt, also ein echter Leckerbissen – nicht nur – für Genregourmets. [Philipp]

Pages: 1 2 3

Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?