Der Sandmann
Kritik

Der Sandmann (1995) – kurz & schmerzhaft

Der deutsche Psychothriller Der Sandmann ist das zynische Porträt einer reißerischen TV-Landschaft, in der die Grenze zwischen Inszenierung und Wirklichkeit bewusst verschoben wird. Nico Hofmanns Film zeigt eine Medienwelt, in der die Quote jedes Mittel rechtfertigt – und gerät dennoch nicht zum seichten Lehrstück.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Der Sandmann
Deutschland
92 Minuten
Nico Hofmann
Matthias Seelig
Götz George, Karoline Eichhorn, Barbara Rudnik u.a.

Inhalt

Die aufstrebende Fernsehredakteurin Ina Littmann (Karoline Eichhorn, Das letzte Schweigen) erhält die Chance, eigenverantwortlich für die TV-Show „Auge in Auge“ einen Beitrag über den populären Krimiautor Henry Kupfer (Götz George, Der Totmacher) zu gestalten. Die junge Frau ist von Kupfer, der mehrere Jahre wegen Mordes inhaftiert war, zugleich fasziniert und abgestoßen – doch sie wittert auch eine Sensation, als sie bei ihren Recherchen auf mehrere Prostituiertenmorde stößt, die der damaligen Tat auf erschreckende Weise gleichen. Der ehrgeizigen Journalistin ist fortan jedes Mittel recht, um den vermeintlichen Mörder in der Livesendung zu enttarnen. Doch der ist nicht so ahnungslos, wie sie denkt.

Der Sandmann

kurz & schmerzhaft

Kaum zu glauben, dass eine derart kompromisslose Auseinandersetzung mit der Medienkonsumgesellschaft, wie es Der Sandmann ist, ausgerechnet von RTL2 koproduziert wurde – und ein Indiz dafür, wie sich das Privatfernsehen seitdem verändert hat. Ina Littmann besorgt versteckt gedrehtes Filmmaterial, besticht Zeugen, steckt Kollegen und Polizei mit ihrem Verdacht an. Ob es ihr dabei um die Wahrheitsfindung oder um bloße Sensationsgier geht, wird nicht immer deutlich.

Sympathieträger gibt es in Der Sandmann nicht, die Figuren bleiben durchgehend ambivalent und sorgen damit für Spannung bis zur letzten Sekunde. Newcomer Eichhorn und Altstar George, der mit seinem abgründigen Charme besticht, ziehen den Zuschauer vollends in ihr manipulatives Spiel hinein. Das atmosphärisch dicht inszenierte Kammerspiel verwischt die Grenzen zwischen Schein und Sein, sorgt mit seiner vielschichten Handlung für spannende Unterhaltung und wirkt im Kontext aktueller Medienphänomene mit seiner brutalen Prämisse aktueller denn je. Innovative Fernsehunterhaltung, die sich hinter aktuellen Produktionen nicht zu verstecken braucht.

 

Gesamteindruck

Rating: 4 von 5

Bildquelle: Der Sandmann © Attraction Movies

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

...und was meinst du?