Terror in der Oper
Kritik

Terror in der Oper (1987) – Review

In Terror in der Oper wird eine aufstrebende Opernsängerin unfreiwillig Zeugin einer brutalen Mordserie. Der Täter scheint ein persönliches Interesse an ihr zu haben. Wir haben uns für euch in die Opernvorstellung gesetzt.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Opera
Italien
107 Minuten
Dario Argento
Franco Ferrini, Dario Argento
Cristina Marsillach, Urbano Barberini, Ian Charleson u.a.

Hintergrund

Nach seinem Ausflug in die Produktionsarbeit für Lamberto Bava (Dämonen, Dämonen 2) und dem 1985 erschienen Phenomena widmete sich Dario Argento 1987 wieder einem klassischen Giallo. Ein gewagtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass das Genre Ende der 1980er Jahre zum Erliegen gekommen war. Und auch wenn noch in den 1990er Jahren einige Gialli veröffentlicht wurden, konnten diese die Qualität ihrer Vorgänger meist nicht mehr erreichen. In Terror in der Oper besinnt sich Argento wieder auf seine Anfänge und verbindet diese mit dem italienischen Kulturgut der Oper. Die Grundidee entspringt sicherlich aus seiner Faszination für „Das Phantom der Oper“ von Gaston Leroux, die er Jahre später mit Das Phantom der Oper noch einmal aufgriff. Dann jedoch ohne Franco Ferrini, der nicht nur am Drehbuch von Terror in der Oper mitarbeitete, sondern auch für weitere Produktionen die Drehbücher schrieb (Aura, Sleepless).Terror in der Oper

Inhalt

Die junge Sopranistin Betty (Cristina Marsillach) bekommt die Chance auf ihre erste Hauptrolle in Giuseppe Verdis Oper “Macbeth“, nachdem die eigentliche Primadonna bei einem Autounfall verletzt wurde. Betty, selbst die Tochter einer berühmten Opernsängerin, wird kräftig von ihrer Managerin Mira (Daria Nicolodi, Rosso – Farbe des Todes) unterstützt und brilliert, trotz ihrer Selbstzweifel, auf der Bühne. Ihr Debüt wird allerdings von einem herabstürzenden Scheinwerfer und einem ermordeten Mitarbeiter des Opernhaueses überschattet. Zum Leidwesen Bettys bleibt es nicht bei dieser einen Tat, denn ein maskierter Mörder treibt sein Unwesen und zwingt sie, seine brutalen Morde mit anzusehen. Je länger die Mordserie andauert, desto labiler wird Betty – Flashbacks der Morde und Halluzinationen fließen mit chaotischen Kindheitserinnerungen zusammen. Hilfe bekommt sie nicht nur von Mira, sondern auch von Regisseur Marco (Ian Charleson), der dem Mörder eine Falle stellen will, sowie vom ermittelnden Inspektor Santini (Urbano Barberini, Dämonen 2).

 

Kritik

In Terror in der Oper fährt Dario Argento mit den herkömmlichen Elementen und Motiven eines Giallo auf. Die Handlung des Films spielt eine untergeordnete Rolle und ist deshalb auch schnell erzählt: Es ist die Suche nach einem gesichtslosen Phantom, das aufgrund eines unverarbeiteten Traumas zum Mörder wird. Dementsprechend gibt es ein paar Ungereimtheiten, sinnlose Dialoge und merkwürdige Verhaltensweisen, die jedoch hinter der ästhetischen Inszenierung zurückstehen und zu verschmerzen sind.

Dass man als Zuschauer über den einen oder anderen Schwachpunkt hinwegsieht, ist vor allem der fabelhaften Kameraarbeit Ronnie Taylors (Melodie des Todes) zu verdanken, der das Grauen auf der Leinwand visualisiert. Es gibt die POV-Shots des Killers, der dadurch nicht lokalisierbar ist und allgegenwärtig erscheint. Aber auch die Positionswechsel im Raum oder mehrere Blickwinkel aus Sicht einer Person sorgen für eine Desorientierung des Zuschauers, wie zum Beispiel beeindruckende Kamerafahrten im Rückwärtsgang aus der Oper hinaus auf die Straße, durch das Set oder der Flug eines Raben über die Köpfe der Opernbesucher.

Terror in der Oper

Ein weiteres Hauptmerkmal des Films ist die Konzentration auf die Augen. Diese werden in unterschiedlichen Einstellungen gefilmt. Am häufigsten geschieht das in den Szenen, in denen Betty die Morde mitansehen muss. Der Mörder verklebt ihr mit Nadeln versetzten Bändern die Augen, sodass sie ihre Augen beim Schließen verletzten würde. Der Zuschauer, der sich mit der Rolle identifiziert, ist ebenfalls unfähig, wegzuschauen. Betty teilt also ihr Los mit dem Zuschauer, der durch sie die Rolle des Voyeurs einnimmt.

Durch ihre Arbeit als Sängerin wird sie zum Opfer und wird dadurch nicht nur verunsichert, beherrscht. Marsillach spielt diese Passivität überzeugend und passend zu dem Gemütszustand ihrer Figur, die zwischen dem rationalen Geschehen und irrationalen Traumsequenzen gefangen ist. Es ist spannend zu sehen, wie die junge Frau trotz der traumatischen Erlebnisse über ihre Kunst eine Möglichkeit erhält, ihre Emotionen auszudrücken.Terror in der Oper

Es ist nur logisch, dass ihr Vertrauter der Horrorregisseur wird, der Erfahrungen mit Morbidität besitzt und sich ebenfalls durch die Kunst auszudrücken weiß. Die Figur des Regisseurs, der eigentlich Horrorfilme dreht, aber eine Oper inszenieren soll, trägt durchaus autobiographische Züge Argentos, der selbst daran scheiterte Verdis Rigoletto zu inszenieren. Der leider viel zu früh verstorbene Ian Charleson spielt die Rolle des unterschätzten Regisseurs routiniert und glaubhaft. Als Figur außerhalb der Welt der Oper fungiert er gleichzeitig als Sympathieträger. Ebenfalls außerhalb der Oper spielt Urbano Barberini den ermittelnden Inspektor Alan Santini, der eine besondere Entwicklung durchlebt. Santini ist ein großer Fan der Oper und scheint auch an Betty ein Interesse zu haben. Ein eher undurchsichtiger Charakter, attraktiv, aber auch zurückhaltend und sozial eher unbeholfen, wird im Laufe des Films deutlich lebhafter. Barberini weiß, wie er die verschiedenen Charakterzüge seiner Figur auf die Leinwand bringen kann. Vor allem wenn der Film seinem Höhepunkt entgegensteuert, gibt das Drehbuch die Möglichkeit, sein Potenzial zu entfalten.

 

Wenn man über die Filme Argentos spricht, kommt man nicht umhin, auch einige Worte über den Soundtrack zu verlieren. Wer die Filme des Italieners kennt, wird nicht überrascht sein, dass auch bei diesem Film Goblins Claudio Simonetti eine tragende Rolle spielt. Dieser steuerte einige Songs zu der skurrilen Mischung aus elektronischer Musik, Klassik und Heavy Metal bei. Vor allem die härteren Tracks bieten die musikalische Untermalung für die brutalen, intensiven Gewalteinlagen und stehen im starken Kontrast zu den klassischen Klängen der Operntitel.

Terror in der Oper

Fazit

Terror in der Oper ist einer der starken Filme in Argentos Gesamtwerk und wartet mit unvergesslichen Höhepunkten auf. Die verschiedenen ästhetischen Elemente, die beklemmende Musikauswahl und die klaustrophobische Atmosphäre machen den Film zu einem besonderen Erlebnis. Durch die Dramaturgie wird der Zuschauer selbst zu einer Figur, unfähig sich der Erzählstruktur zu entziehen und verdammt, hinzuschauen.

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 3 von 5
Härte Rating: 4 von 5
Unterhaltung Rating: 3 von 5
Anspruch Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

Bildquelle: Terror in der Oper © Koch Media

Horrorfilme… sind für mich eine Möglichkeit, Angstsituationen zu erleben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Es ist eine positive Art der Angst, da sich ein Glücksgefühl einstellt, sobald man die Situation durchgestanden hat. Es ist nicht real – könnte es aber sein. Das ist furtchteinflößend und gleichzeitig faszinierend.

...und was meinst du?