Kritik

Die Schlange im Regenbogen (1988) – Review

In Wes Cravens Die Schlange im Regenbogen sieht sich ein junger Wissenschaftler mit den trügerischen Geheimnissen Haitis konfrontiert. Verkeilt zwischen politischer Intrige, Revolution und den obskuren Riten einer uralten Tradition versucht er, dem wahren Kern haitianischen Zombieglaubens auf den Grund zu gehen. Und kommt dabei seinem Ziel gefährlich nah…

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

The Serpent and the Rainbow
USA
98 Minuten
Wes Craven
Richard Maxwell, Adam Rodman
Bill Pullmann, Zakes Mokae u.a.

Inhalt

Der Ethnologe Dennis Allan (Bill Pullman, Lake Placid) reist nach Haiti, um im Auftrag eines Pharmaunternehmens eine geheimnisumwitterte Arznei aufzutreiben. Diese soll Menschen in willen- und empfindungslose Zombies verwandeln und wäre von potentiell großem Wert für die westliche Medizin, um als Anästhetikum zu fungieren. Unterstützt von der Psychiaterin Marielle (Cathy Tyson, Mona Lisa) begibt er sich in die finsteren Untiefen der mysteriösen Voodoo-Traditionen des Landes, um das Pulver zu finden. Doch der haitianischen Geheimpolizei ist dies gar nicht Recht und ihr Anführer Paytraud (Zakes Mokae, Dust Devil), selbst ein ruchloser Hexenmeister, wird zum teuflischen Gegenspieler Allans. Bald stellt der junge Wissenschaftler alles infrage, was er zu wissen glaubte…

Hintergrund und Kritik

Die Schlange im Regenbogen ist eine überaus merkwürdige Produktion und vielleicht Wes Cravens untypischster Horrorfilm. Der Kultregisseur, der mit Nightmare – Mörderische Träume und Scream grotesk-komischen, in Das letzte Haus links beinharten Rape-and-Revenge-Horror ablieferte, schlägt hier weitaus gedämpftere, jedoch keinesfalls weniger düstere Töne an. Der Film basiert lose auf den anthropologischen Forschungen des Ethnobotanikers Wade Davis, der in den 1980er Jahren in Haiti forschte. Er stellte die Theorie auf, dass Zombies dort wirklich existierten – jedoch nicht als verhexte und/oder per Biss infizierte Untote. Vielmehr ging Davis davon aus, dass die Bocore, die haitianischen Voodoo-Priester, mithilfe einer aus Kugelfisch-Gift gewonnenen Droge ihre Opfer über lange Zeit in ein wirres Wachkoma versetzten.

Davis´ Zombie-Theorien waren bereits zu ihrer Entstehungszeit stark umstritten und gelten in der heutigen Ethnologie als weitgehend widerlegt. Wie so oft bot jedoch auch hier ein kreativer, mutiger und ein wenig reißerischer Forschungsschwerpunkt den idealen Aufhänger für einen Horrorfilm. Dem Thema Voodoo wird hier weder grell-exploitativ, noch abstoßend-moralisierend begegnet. Stattdessen präsentiert Craven es als inhärenten Teil der haitianischen Kultur, der in seiner dem Westen fremdartigen Ambivalenz jeden Lebensbereich der Menschen auf positive wie negative Weise durchdringt.

Die politische Gewalt des Baby-Doc-Regimes, Revolution, humanitäre Missstände und hartnäckiger Volksglaube, sie alle sind in Die Schlange im Regenbogen miteinander verstrickt. Die Geheimpolizei, verkörpert vor allem durch die großartig schaurige Fratze Zakes Mokaes, herrscht nicht nur mit physischer Gewalt und sozialer Repression. Die Paranoia permanenter Überwachung und Einschüchterung geht hier vielmehr einen unheiligen Pakt mit Hexerei und Geisterglauben ein, der Haiti ganz im eisernen Griff zu halten scheint. Wenn nach der ruhigen, lauernden ersten Stunde des Films dann die ganze Gewalt jener Tyrannei in einem mittelgroßen Effektfeuerwerk ausbricht, hat der Zuschauer die klare Trennung von Schein und Sein längst infrage gestellt.

Die Zombies in Wes Cravens einzigem „Zombiefilm“ sind keine Horden reißender Untoter, sondern stehen nicht einmal sonderlich im Vordergrund. Anstatt sie mordend und beißend herumschlurfen zu lassen, nutzt Craven das Motiv vor allem dazu, das vielschichtige Wechselspiel zwischen uraltem Aberglauben, politischer Gewalt und westlicher Rationalität auszuloten. Und das gelingt überaus gut: Die Schlange im Regenbogen ist ein dämmriger, clever inszenierter Albtraum, der die Zuschauer an die Grenzen dessen führt, was er zu wissen glaubt. Völlig zu Unrecht fällt er bei Nennungen von Cravens größten Meisterwerken häufig unter den Tisch.

Fazit

Cravens Adaption der Themen „Voodoo“ und „Zombie“ ist ernster, weniger aufgedreht und nachdenklicher als viele seiner anderen Produktionen. Und das tut dem Film durchaus gut: Haiti ist in Die Schlange im Regenbogen ein verzauberter, geisterhafter Ort, an dem ganz andere Regeln gelten als in den abgeklärten Industrienationen. Wo Zombies und Voodoo bei anderen Filmern zu wenig mehr als beißwütigem Kanonenfutter und albernem Budenzauber verkommen, erschafft Craven aus den Motiven einen wahren Schatz an Denkstoff und Grusel. Der Horror-Altmeister lässt sich alle Zeit, die er braucht, um einen tropischen Strudel aus Okkultismus, finsterem Aberglauben und politischer Verschwörung in bester Gruselatmosphäre zu entfesseln.

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte  Rating: 3 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

Bildquelle: Die Schlange im Regenbogen © Koch Media

Horrorfilme… sind die audiovisuelle Adaption des gesellschaftlich Abgestoßenen, Verdrängten und/oder Unerwünschten, das in der einen oder anderen Gestalt immer wieder einen Weg zurückfindet.

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