Kritik

The Endless (2017) – Review

Mit The Endless präsentiert das Regieduo Justin Benson & Alan Moorhead einen surrealen Trip in die amerikanische Peripherie, wo im Umfeld eines vermeintlichen Ufo-Kultes Zeit und Raum aus den Fugen geraten. Braucht das Genre wirklich noch mehr Zeitschleifen und -reisen? Wir sind nach „Camp Arcadia“ aufgebrochen um herauszufinden, ob die Low-Budget-Produktion sich lohnt!

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

The Endless
USA
111 Minuten
Justin Benson, Aaron Moorhead
Jutin Benson
Justin Benson, Aaron Moorhead u.a.

Inhalt

Die Brüder Justin und Aaron eint eine mysteriöse Vergangenheit. Nach dem tragischen Unfalltod ihrer Mutter wurden die beiden Kinder in einer ländlichen Kommune, dem Camp Arcadia, aufgezogen, deren Mitglieder allgemein als „Ufo-Sekte“ gelten. Im Teenageralter verließen die Brüder das Camp, vor allem auf Drängen des älteren Justin, und versuchten sich an einem normalen Alltagsleben in der Großstadt. Doch dieses ist geprägt von Geldsorgen und grauem Trübsinn, und als die beiden ein Video aus der Kommune erhalten, fühlt sich insbesondere der jüngere Aaron wieder von deren schier paradiesischen Verheißungen angezogen. Die Beiden entscheiden, für eine Nacht nach Arcadia zurückzukehren, um ihren Frieden mit der Vergangenheit zu machen. Doch dort tun sich merkwürdige Dinge, denn das Camp steht unter dem Einfluss einer nebulösen, gottgleichen Entität – und ein großes Ereignis scheint bevorzustehen…

Hintergrund & Kritik

The Endless ist der dritte Low-Budget-Langfilm des Regieduos Justin Benson und Aaron Moorhead, die zuvor mit Resolution und vor allem Spring – Love is a Monster auf sich aufmerksam machten. In The Endless übernehmen sie auch die Hauptrollen der gleichnamigen Brüder. Bereits zu Beginn des Films wird klar, dass dies eine seiner größten Stärken ist: Das Zusammenspiel der beiden gut befreundeten Filmer als ungleiches Brüderpaar funktioniert ausgezeichnet und zeigt, dass der Film in einer ganz anderen Liga spielt als manch andere Billigproduktion. Und auch darüber hinaus wirkt der Cast überaus kompetent, Genrefans erfreut vor allem die Besetzung Callie Hernandez´ (Blair Witch) und Lew Temples (The Devil´s Rejects) als Campbewohner, die etwas zu verbergen scheinen.

Benson und Moorhead leiten ihren Film mit einem Zitat der Horrorikone H.P. Lovecraft ein:

„Das älteste und stärkste Gefühl ist Angst, die älteste und stärkste Form der Angst ist die Angst vor dem Unbekannten.“ (Lovecraft: Supernatural Horror in Literature)

Und jenes Unbekannte macht den Dreh- und Angelpunkte von The Endless aus. Camp Arcadia, das wird den Brüdern nach und nach klar, ist nicht nur die Heimat überaus merkwürdiger – wenn auch zumeist sympathischer – Zeitgenossen, sondern steht unter dem fremdartigen Zauber einer ganz und gar unnahbaren Kraft. Obskure, totemartige Pfahlkonstruktionen am Straßenrand sind nicht das Einzige, was darauf hinweist, denn die Luft selbst scheint zu schillern, zu flimmern und blasenartige Formationen auszubilden. Auch leuchten drei Monde über der Idylle. Warum dies so ist, verstehen die Bewohner Arcadias selbst nicht so genau, fest steht allerdings: Zeit und Raum scheinen in der abgelegenen Kommune den bekannten Naturgesetzen zu entfliehen. Versiert inszenieren Benson und Moorhead eine unheilvolle Atmosphäre in sonnigen Wäldern und unter blauem Himmel, die neben den beiden Brüdern auch den Zuschauer schnell in ihren surrealen Bann schlagen.

Die Mitglieder des „Kults“, wie sie ihre Gemeinschaft selbst scherzhaft nennen, haben ihr Leben in Arcadia unter die Schirmherrschaft einer unsichtbaren Wesenheit gestellt, die mit ihnen über Videotapes, Photos und andere Medien kommuniziert. Doch niemand in dem Film scheint sich wirklich sicher zu sein, was er tut oder wie die außerordentlichen Phänomene, mit denen man sich konfrontiert sieht, funktionieren. Zuschauer und Figuren können nur resignieren im Angesicht der übernatürlichen Kraft, die das Camp heimsucht. Ein Ausbruch ist nicht möglich, sobald man einmal in ihre Fänge geraten ist, und Justin und Aaron läuft die Zeit davon. The Endless thematisiert auf faszinierende Weise den Taumel, der die Menschen im Angesichte solch überwältigender Konfrontationen erfasst, und mit dem jeder auf seine eigene Weise umgeht – mancher mit Hedonismus, mancher mit Wahnsinn.

Fazit

Manipulation von Zeit und Raum stehen bei The Endless im Zentrum, und doch ist er keinesfalls nur ein weiterer jener trendigen Zeitschleifen-Filme, die in der Kino- und Streaminglandschaft der letzten Jahre hervorsprießen. Der Film vereint auf intelligente Art und Weise kammerspielartige Charakterszenen, kosmisches Grauen à la H.P. Lovecraft und clevere Reflexionen darüber, wieweit der Einflussbereich des menschlichen Individuums in einem doch so mangelhaft verstandenen Dasein reicht. Dabei macht er Spaß und wirkt aufgrund des geerdeten Spiels des Regieduos zu keinem Zeitpunkt verkopft. Dass einige Computereffekte nicht ganz so überzeugend geraten sind und die Referenzen auf den Vorgängerfilm Resolution ohne dessen Kenntnisse etwas ins Leere laufen – geschenkt! Eine wahre Genreperle ambitionierter Filmer, die zum Nachdenken anregt ohne dabei in überfrachtete Arthouse-Gefilde abzudriften.

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte  Rating: 2 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

 

Bildquelle: The Endless © Meteor Video

Horrorfilme… sind die audiovisuelle Adaption des gesellschaftlich Abgestoßenen, Verdrängten und/oder Unerwünschten, das in der einen oder anderen Gestalt immer wieder einen Weg zurückfindet.

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