Kritik

The Hallow (2015) – Review

Eine junge Familie, die von der Stadt aufs Land zieht und hier mit dunklen Geheimnissen und uralten Schrecken konfrontiert wird? Was nach einer Prämisse klingt, die abgegriffener nicht sein könnte, entpuppt sich in The Hallow als sehenswerter Beitrag zum Folk-Horror-Revival der letzten Jahre, der dem angestaubten Stoff mit einer innovativen Herangehensweise und handwerklichem Geschick neues Leben einhaucht.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

The Hallow
Irland/UK/USA
97 Minuten
Corin Hardy
Corin Hardy, Felipe Marino, Tom de Ville
Joseph Mawle, Bojana Novakovic u.a.

Inhalt

Das junge Ehepaar Adam (Joseph Mawle, Abraham Lincoln – Vampirjäger) und Clare (Bojana Novakovic, Devil – Fahrstuhl zur Hölle) lässt sich mit dem gemeinsamen Sohn Finn in einem alten Mühlhaus im irischen Hinterland nieder. Der Biologe Adam ist damit beschäftigt für die Firma, die ihn entsandt hat, Nachforschungen im nahegelegenen Waldstück anzustellen. Derweil tut Clare ihr Bestes, um das alte Gemäuer in ein wohnliches Heim für die Familie zu verwandeln. Doch schon bald legt sich eine düstere Vorahnung über das junge Glück. Entgegen der eindringlichen Warnungen von Nachbar Colm (Michael McElhatton, The Autopsy of Jane Doe) und Dorfpolizist Garda (Michael Smiley, Kill List) beharrt Adam auf seiner Arbeit und schon bald beginnen sich seltsame Zwischenfälle im Haus und der näheren Umgebung zu häufen. Als eines nachts irgendetwas ins Kinderzimmer eindringt, beginnt die Situation zu eskalieren und die Beziehung von Clare und Adam wird auf eine harte Probe gestellt…

Kritik

Bei The Hallow handelt es sich auf den ersten Blick um einen Folk-Horror-Film, der nach bewährtem Rezept funktioniert. Die Protagonisten verschlägt es in eine entlegene Region und bald stellen sie fest, dass die Uhren dort anders ticken. Nun hätte man sich mit dieser simplen und dennoch häufig effektiven Kost begnügen können, doch Regisseur Corin Hardy tut gut daran, es nicht bei der einfachen Konfrontation mit dem Mythischen zu belassen und dem zigfach durchexerzierten Stoff geschickt weitere Ebenen hinzuzufügen. So schafft The Hallow es gleich auf mehrere Weisen, die Grenzen des Genres zu weiten und auszureizen.

Eine Stärke des Films liegt vor allem in der Beziehung zwischen Adam und Clare. Joseph Mawle und Bojana Novakovic brillieren hier durch ihre schaupielerische Leistung. Sie schaffen es, das junge Familienglück überzeugend abzubilden, ohne dass es in schmalzigen Kitsch abdriftet. Die Menschlichkeit der Beziehung dominiert hier, sodass es wenig Anstrengungen braucht um Empathie für das Paar zu entwickeln – und so fiebert man auf emotionaler Ebene immer mit, hofft wider besseren Wissens doch noch auf einen glücklichen Ausgang.

The Hallow

Die Darstellung des Beziehungskonflikts dient jedoch vor allem der Identifikation mit den Protagonisten, denn The Hallow ist kein Beziehungsdrama, sondern bleibt primär ein Horrorfilm und funktioniert auch als solcher. Das Grauen liegt im Erwachen alter, von der Zivilisation längst vergessen geglaubter Schrecken. Hardy verwendet hier das Motiv des Wechselbalgs: Kinder, die in der keltischen Mythologie von schelmischen, aber nicht zwangsläufig übel meinenden Geisterwesen entführt und durch deren Nachkommen ersetzt werden. Anstatt diesen traditionellen Stoff einfach in Filmform zu gießen, bindet Hardy den Mythos geschickt ins 21. Jahrhundert ein, indem er ihn zum Produkt eines bizarren, aber naturwissenschaftlich erklärbaren Phänomens macht. Die Grenzen zwischen Mythos und Wissenschaft verschwimmen langsam und der Zuschauer beginnt zu ahnen, dass in manchen alten Geschichten vielleicht mehr schreckliche Wahrheit steckt, als man sich traut einzugestehen. Und so geht es uns wie den Protagonisten, die am Anfang jegliche Warnung in den Wind schlagen und die Tatsachen erst anerkennen, wenn es längst zu spät ist. Hier liegt der Knackpunkt des Films: Er konfrontiert uns mit unserer Hilflosigkeit im Angesicht des Unbegreiflichen. Egal, wie sehr wir uns bemühen, die Natur zu verstehen, zu zähmen und zu unterwerfen, so recht will es uns nie gelingen. Eine Lektion, die Clare und Adam auf dem harten Weg lernen müssen.

The Hallow

Dieses diffuse Grauen setzt The Hallow auch visuell eindrucksvoll um. Die Farben, insbesondere in den Waldszenen, wirken unglaublich satt. Grüntöne dominieren hier und geben der Szenerie bisweilen einen leicht surrealen Anstrich. Kontrastiert wird dies durch die faulig, fahle Farbgebung der obszönen Monstrositäten der Wälder. Womit wir schließlich bei den Kreaturen angelangt wären. Diese können sich absolut sehen lassen: Blass, menschenähnlich und doch seltsam deformiert, kommen hier leichte Anklänge von Body Horror zum Tragen, ohne sich jedoch in ihrer ganzen Widerwärtigkeit zu entfalten. Der wahre Horror liegt eben nicht in den Kreaturen sondern viel mehr in ihrem Ursprung. So bleiben die Monster die greifbare Gefahr, der die Protagonisten ausgesetzt sind, und gleichzeitig nur ein Symptom des wahren, dahinter liegenden Grauens.

The Hallo

Bei aller inhaltlichen Vielschichtigkeit und visuellen Schönheit muss leider bemängelt werden, dass The Hallow auf der Erzählebene insbesondere gegen Ende etwas schwächelt. Anfangs übereilt der Film nichts, ist stringent und hält das Interesse des Zuschauers durchgängig aufrecht. Jedoch gerät er vor allem im letzten Drittel etwas ins Schlingern und man bekommt den Eindruck, dass Hardy kurz vorm Schluss noch zu viel herausholen wollte. Ein wenig mehr Geradlinigkeit hätte dem Film hier sicher nicht geschadet. Das soll nicht heißen, dass das Ende enttäuschend wäre, lediglich der Weg dorthin wird auf den letzten Metern unnötig steinig.

Fazit

The Hallow ist ein ausgesprochen gut funktionierender Neo-Folk Horror-Film. Der einfachen Prämisse wird durch einen ebenso raffinierten wie effizienten Kniff und eine technisch weitestgehend gelungene Umsetzung eine überraschende Vielschichtigkeit verliehen. Die schauspielerischen Leistungen sind durchweg überzeugend. Trotz der etwas holprigen Erzählweise gegen Ende, kann Hardy den Zuschauer durchgehend binden und das Interesse aufrecht erhalten. The Hallow wird sicherlich nicht den Status eines modernen Klassikers erlangen, wie etwa The VVitch – dazu fehlt tatsächlich das gewisse Etwas. Dennoch trägt er dank innovativer Umsetzung seinen Teil zum erneuten Aufschwung des Folk Horrors bei und ist für Freunde des folkigen Schreckens definitiv die Zeit wert.

 

Bewertung

Grauen Rating: 3 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte  Rating: 3 von 5
Unterhaltung  Rating: 4 von 5
Anspruch  Rating: 2 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

Bildquelle: The Hallow © MFA+ Filmdistribution

Horrorfilme… sind für mich das Erkennen, Überschreiten und Herausfordern von gesellschaftlichen Grenzen durch abgründige Ästhetik und damit Kunst in ihrer reinsten Form. Vor allen Dingen machen sie aber einfach unfassbar Spaß.

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