Pit and the Pendulum
Kritik

Das Pendel des Todes (1961) – Review

Kaum ein Autor beeinflusste das Horror-Genre so nachhaltig, wie der amerikanische Schriftsteller Edgar Allan Poe mit seinen düster-morbiden Kurzgeschichten. Und trotz hunderter Verfilmungen sind seinem Werk dabei nur wenige Regisseure so nah gekommen, wie Tausendsassa Roger Corman.

Originaltitel:
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Cast:

Pit and the Pendulum
USA
80 Minuten
Roger Corman
Richard Matheson
Kurzgeschichte „Die Grube und das Pendel“ von Edgar Allan Poe
Vincent Price, Barbara Steele, John Kerr u.a.

Inhalt & Hintergründe

Spanien im 16. Jahrhundert: Der Engländer Francis Barnard besucht seinen Schwager Don Nicholas Medina (Vincent Price), um die genauen Umstände des Todes seiner Schwester Elizabeth (Barbara Steele) zu erfahren. Das ängstliche und schuldbewusste Verhalten von Medina lässt ihn misstrauisch werden und schließlich kommt heraus, dass Elizabeth eines Tages leblos in der hauseigenen Folterkammer aufgefunden wurde – buchstäblich gestorben vor Angst. Barnard erfährt auch, dass Medina im Kindesalter mit ansehen musste, wie seine Mutter aus Rache für ihren Ehebruch von seinem Vater gefoltert und noch lebend in ein Grab eingemauert wurde. Nun ist Medina besessen von der Idee, auch seine Frau könne lebendig begraben worden sein. Um ihn zu beruhigen, öffnet man das Grab – doch der schreckliche Verdacht bestätigt sich. Kurz darauf ereignen sich seltsame Vorfälle: Elizabeths Zimmer wird verwüstet, ihr Porträt zerstört und nachts erklingt wie von Geisterhand ihr Cembalo. Barnard verdächtigt die Dienstboten des grausamen Spuks, doch der wahnsinnige Medina ist sich sicher – es ist die tote Elizabeth, die sich an ihm rächen will …

Als Roger Corman zu Beginn der 60er Jahre ein Studio davon überzeugen konnte, ihn Edgar Allan Poes „Der Untergang des Hauses Usher“ (Die Verfluchten) verfilmen zu lassen, ahnte der erklärte Poe-Liebhaber – der sich bis dahin hauptsächlich mit Monsterfilmen einen Namen gemacht hatte – wohl noch nicht, dass dies erst der Auftakt sein würde. Acht Filme sollten es über die Jahre werden, in fast allen übernahm der legendäre Vincent Price (Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes) die Hauptrolle – so auch in Das Pendel des Todes, einer tragischen Geschichte von Liebe, Wahnsinn und Tod.

Träume im Folterkeller

Roger Corman ist mit seinen Poe-Adaptionen etwas gelungen, das nur die wenigsten Literaturverfilmungen schaffen: Er entfernt sich weit von der Vorlage und ist dennoch ganz nah beim Original. Übertriebene Werktreue ist ganz offensichtlich nicht sein Schlüssel zum Erfolg; wie viel er davon hält, zeigt sich in Das Pendel des Todes, der bis auf das titelgebende Folterwerkzeug nichts mehr mit der Vorlage gemein hat. Dennoch sind die Filme unverkennbar vom amerikanischen Meister des Grauens inspiriert und fangen die fantastisch-groteske Atmosphäre seiner Geschichten ebenso wie deren Faszination für die Schattenseiten der menschlichen Natur ein.

Pit and the Pendulum

Von Beginn an lastet der Verdacht einer furchtbaren Schuld auf Medina, der sich in Melancholie flüchtet. Vincent Price, wie Corman ein großer Fan von Poe, ließ sich nicht lange bitten und lieh diesem schwarzromantischen Antihelden sein markantes Antlitz. Und was für eine Traumbesetzung er für die Rolle des schizophrenen Schlossherrn ist, der sich zunächst in Verzweiflung über den Tod seiner geliebten Gattin ergeht, während man unter der Oberfläche schon den Wahnsinn brodeln sieht. Die Freude über diese Rolle ist Price in jeder Sekunde anzumerken und so stört es wenig, dass er mit seiner exzentrischen Darstellung bisweilen übers Ziel hinausschießt.

Seinen Gegenpart findet er in der atemberaubenden Barbara Steele, die durch ihre Hauptrolle in Mario Bavas Die Stunde, wenn Dracula kommt zu Popularität gelangte und zu einem Star des italienischen Horror-Kinos avancierte. In Das Pendel des Todes strahlt sie als Elizabeth Medina eine dunkle, geheimnisvolle Schönheit aus, hinter der sich eiskalte Berechnung verbirgt, und treibt ihren unliebsamen Gatten in den Wahn.

Pit and the Pendulum

Das erotisch-morbide Motiv der schönen Leiche, das Corman hier aufgreift, ist ein wiederkehrendes Element in Poes Geschichten, schließlich stellte der Tod einer schönen Frau für den Schriftsteller „ohne Zweifel das poetischste Thema der Welt“ dar. Auch andere typische Motive finden sich zuhauf, sei es die Rachethematik, die Angst davor, lebendig begraben zu werden oder die Wechselbeziehung zwischen Mensch und unbelebter Materie: Die Folterkammer des Schlosses ist vom Bösen erfüllt, einer schrecklichen Logik folgend, muss darum auch der Schlossherr ihm verfallen.

Gewohnt routiniert und sensationsorientiert setzt Corman diese Spuk- und Rachegeschichte um und macht dabei glatt vergessen, dass Das Pendel des Todes innerhalb von gerade einmal fünfzehn Tagen abgedreht wurde. Während die erste Hälfte eher auf unterschwelliges Grauen setzt, nimmt der Film im zweiten Teil nochmal ordentlich an Fahrt auf und mündet in einem spektakulären Finale, das die wildesten Schauerfantasien wahr werden lässt. Das sturmumpeitschte Schloss, die spinnwebenverhangene Folterkammer mitsamt dem hypnotisch schwingenden Pendel, die spitzen Schreie und die schreckgeweiteten Augen sorgen für die richtige Grusel-Atmosphäre – und die Kamera scheint stets genau zu wissen, aus welchem Winkel sie den Horror einzufangen hat. Ein schrecklich-schönes Spektakel.

Pit and the Pendulum

Fazit

Das Pendel des Todes ist der zweite Film aus Roger Cormans Reihe von Poe-Adaptionen. Inhaltlich ist von der literarischen Vorlage nicht mehr viel übrig, aber Atmosphäre und Motivik des Films zeigen, wie gut der Regisseur mit dem Werk des amerikanischen Schauerliteraten vertraut ist. Vincent Price und Barbara Steele liefern als wahnsinniges Ehepaar eine grandiose Performance ab, während die Geschichte unvermeidlich auf die Katastrophe zuläuft. Eine farbprächtige Schicksalstragödie, die von den dunklen Seiten der menschlichen Natur erzählt und dabei verdammt unterhaltsam ist.

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 5 von 5
Gewalt  Rating: 2 von 5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 4 von 5

Bildquelle: Das Pendel des Todes © NSM Records

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

...und was meinst du?