Maniac
Kritik

Maniac (1980) – Review

Maniac ist das verstörende Porträt eines Serienkillers, der im New York der 80er Jahre reihenweise junge Frauen ermordet. Die furiose Performance von Joe Spinell und die meisterhaften Spezialeffekte von Tom Savini machen den Film auch noch vierzig Jahre später zu einem Sleazefest der Extraklasse.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Maniac
USA
87 Minuten
William Lustig
C.A. Rosenberg, Joe Spinell
Joe Spinell, Caroline Munro, Abigail Clayton u.a.

Inhalt

Der psychisch kranke Frank Zito (Joe Spinell, Taxi Driver) ermordet junge Frauen und nimmt deren Skalps als Trophäen mit. Die blutigen Haarfetzen setzt er anschließend den Schaufensterpuppen auf, die er in seiner Wohnung hortet. Der Auslöser für diese Taten ist der Missbrauch durch seine Mutter, eine gewalttätige Prostituierte, die bereits verstorben ist. Franks Hass auf sie wird den „leichten Mädchen“ der Stadt – und allen, die er dafür hält – zum Verhängnis. Als er die junge Fotografin Anna D‘Antoni (Caroline Munro, Dracula jagt Mini-Mädchen) kennenlernt und sich mit ihr anfreundet, scheint zunächst alles anders. Hoffnung auf ein normales Leben keimt in Frank auf. Doch er kann sich nicht von seiner Vergangenheit freimachen und schon bald geht der Maniac wieder auf die Jagd …

Kritik

Charakterdarsteller Joe Spinell, der maßgeblich am Drehbuch beteiligt war, schrieb sich die Rolle des Frank Zito praktisch auf den Leib. Inspirieren ließ er sich von realen Vorbildern, beschäftigte sich mit Serienkillern wie Ted Bundy, John Wayne Gacy oder Ed Gein, um sein Schauspiel authentischer wirken zu lassen. Das Ergebnis ist eine Performance, die ihresgleichen sucht. Spinell ist – und das darf als Kompliment aufgefasst werden – eine der intensivsten und zugleich widerwärtigsten Darstellungen in der Geschichte des Horrorfilms gelungen. Das beginnt bei der Optik: Sein Killer hat nicht den Charme eines Ted Bundy oder das bubenhafte Gesicht eines Norman Bates und schon gar nicht den Dackelblick von Elijah Wood, der im Remake, Alexandre Ajas Maniac, in Spinells Rolle schlüpft.

Frank Zito ist ein dicker, narbengesichtiger und ungepflegter Hüne, dessen Anblick schon bei Tageslicht dazu verleitet, umgehend die Straßenseite zu wechseln. Und er ist ein Jäger. Nachts ist Frank mit hochgeklapptem Jackenkragen, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, auf den Straßen New Yorks unterwegs. Hat er ein Opfer erspäht und sich als riesenhafte Gestalt aus den Schatten gelöst, ist man kurz bereit, doch an den Schwarzen Mann zu glauben. Doch dieser Killer hat nichts Übernatürliches, im Gegenteil, erbarmungslos wie ein Bluthund verfolgt er seine Opfer und lässt sich nicht mehr von ihrer Spur abbringen. Und sobald er seine Beute errungen hat, wird Frank tatsächlich zum Tier.

Maniac

Spinell verkörpert diese Figur mit aller gebotenen Schmierigkeit und zeigt dennoch ihren verletzlichen Kern. Beinahe liebenswürdig ist die Unbeholfenheit, mit der er Anna umgarnt, ihr einen Plüschbären schenkt oder Komplimente macht wie „Sie sind für mich die schönste Frau. So schön wie meine Mutter.“ Beinahe bemitleidenswert ist er, wenn er in der Einsamkeit seines winzigen Appartements Zwiegespräche mit der toten Mutter führt oder sich in Embryonalstellung auf dem Bett wiegt. Der Fokus auf Frank, dessen Perspektive der Film einnimmt, trägt nicht unbedingt dazu bei, diesen Zwiespalt des Zuschauers zwischen Empathie und Abscheu zu lösen.

Maniac

Leichter gelingt das in den Mordszenen, denn die Gewaltexzesse, die Maniac zelebriert, sind enorm brutal und blutig. Dank Make-up- und Spezialeffektkünstler Tom Savini (Freitag der 13.), der im Übrigen einen famosen Cameo-Auftritt als „Disco Boy“ hinlegt, sehen sie zudem beunruhigend realistisch aus, ob es sich um einen extrem blutigen Kopfschuss aus nächster Nähe oder das detailliert gezeigte Abtrennen einer Kopfhaut mit dem Rasiermesser handelt. Diese drastischen Gewaltdarstellungen haben dem Film eine bundesweite Beschlagnahmung beschert – freigegeben ist lediglich eine Schnittfassung, die mit Kürzungen von mehreren Minuten mindestens so sehr verstümmelt wurde wie die Opfer des Maniac.

Neben den Gewaltexzessen hat sicher auch die reißerische Inszenierung des Films viele Kritiker zu einem vorschnellen Urteil verleitet. Regisseur William Lustig (Maniac Cop), der seine Jugend in Grindhouse-Kinos verbrachte und dessen Karriere als Produktionshelfer bei diversen Hardcore-Pornofilmen begann, ist bei Maniac voll in seinem Element und geizt nicht mit Exploitation. Damit machte er die Not zur Tugend: Das Budget war mau und für einige Orte, die im Film zu sehen sind, lagen nicht einmal Drehgenehmigungen vor – entsprechend schnell musste manche Szene im Kasten sein. Der räudige Look von Maniac kaschiert also auch gekonnt die ein oder andere Imperfektion. Ein selbstzweckhaftes Horror-Gorefest ist der Film deswegen noch lange nicht. Er wirft einen Blick in menschliche Abgründe – nur eben nicht besonders subtil. Lustig schöpft lieber aus dem Vollen und setzt dem Zuschauer ein New York vor, das mit den schmutzigsten Farben des Realismus gezeichnet zu sein scheint. Alles ist dreckig, heruntergekommen, die Menschen sind einsam und der Umgangston rau: Die perfekte Kulisse für einen wildgewordenen Psychokiller.

Maniac

Fazit

Dass Maniac aus der Masse der – gerade zu Beginn der 80er Jahre inflationär produzierten – Slasher-Filme heraussticht, verdankt er vor allem der bahnbrechenden Performance von Hauptdarsteller Joe Spinell und den genialen Spezialeffekten von Tom Savini. Mit seinem drastischen Realismus und den brutalen Tötungen schafft das Serienmörder-Porträt eine anhaltende Atmosphäre der Bedrohung und ist definitiv nichts für Zartbesaitete, obwohl die Mordszenen aus heutiger Sicht längst nicht mehr dieselbe Schockwirkung haben wie noch vor vierzig Jahren. Maniac ist ein räudiges Stück Filmgeschichte und brachte Regisseur William Lustig nicht nur Morddrohungen von empörten Sittenwächtern ein, sondern avancierte auch zu einem Kultfilm.

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  rating4_5
Ekel  Rating: 4 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: Maniac © Ascot Elite Home Entertainment

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

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