The Prodigy
Kritik

The Prodigy (2019) – Review

Regisseur Nicholas McCarthy ließ sich für seinen Horror-Thriller The Prodigy von Klassikern wie Der Exorzist beeinflussen und präsentiert ein Crossover aus Serienmörder- und Besessenheitsfilm. Der kleine Miles ist ein Wunderkind, bereitet seinen Eltern aber zunehmend Sorgen. Was steckt wirklich hinter seinem gewalttätigen Verhalten?

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

The Prodigy
Hongkong/USA
92 Minuten
Nicholas McCarthy
Jeff Buhler
Taylor Schilling, Brittany Allen, Jackson Robert Scott u.a.

Inhalt

Sarah (Taylor Schilling, Orange Is the New Black) und John Blume sind beunruhigt über das Verhalten ihres hochbegabten Sohns. Ein ganz gewöhnliches Kind war Miles (Jackson Robert Scott, Es) zwar nie, doch benimmt der Junge sich zunehmend bösartig. Die Eltern glauben fest daran, dass es sich nur um dumme Zufälle handelt – bis Miles grundlos einen Klassenkameraden attackiert und ihn dabei schwer verletzt. Daraufhin sucht Sarah sich professionelle Hilfe für ihren Sohn. Doch die Psychologin und ein von ihr dazugeholter Wissenschaftler (Colm Feore, Der Exorzismus der Emily Rose) schüren ganz neue Ängste. Eine übernatürliche Kraft habe von Miles Besitz ergriffen, eine böse Seele, die nun den Körper des Jungen benutze. Nach anfänglicher Skepsis stellt Sarah Nachforschungen an und entdeckt erschreckende Parallelen zwischen dem Verhalten von Miles und der Biographie eines toten Serienmörders.

Kritik

Nachdem Regisseur Nicholas McCarthy (The Pact) in einem Interview vorab verlauten ließ, dass das Publikum bei einem Test-Screening gleich ganze Dialoge mit seinem Gekreische übertönt habe, liegt die Messlatte entsprechend hoch. Ob er dem Film damit einen Gefallen getan hat, ist fraglich. Handwerklich lässt sich an The Prodigy zwar nichts aussetzen und auch visuell kann das Familiendrama überzeugen, aber wirkliche Überraschungsmomente bietet der Film kaum. Routiniert manövriert sich die Handlung durch die verschiedenen Stadien kindlicher Verhaltensauffälligkeit, von verbalen Unflätigkeiten bis hin zum Quälen kleiner Tiere. Sowohl McCarthy als auch Drehbuchautor Jeff Buhler (Midnight Meat Train) betonen den Einfluss von Klassikern wie Der Exorzist auf ihren Film. Allerdings ist das Ergebnis nicht viel mehr als ein Potpourri aus altbekannten Horrormotiven, die man alle schon mal irgendwo gesehen hat. The Prodigy arbeitet sich lieber ausgiebig an Genre-Stereotypen ab, anstatt neue Wege zu beschreiten.

Eingefleischte Horror-Fans etwa wissen, dass ein knuffiger Familienhund es nur selten bis ans Ende des Films schafft und auch allen anderen dürfte das spätestens mit dem spurlosen Verschwinden des Vierbeiners klar werden. The Prodigy glaubt hier aber tatsächlich einen Spannungsbogen gefunden zu haben, den es sich über den halben Film auszureizen lohnt. Als dann endlich das Schicksal des Hundes mit einem Paukenschlag enthüllt wird, ruft das eher Resignation als Entsetzen hervor.

The Prodigy

Die Stärke des Films liegt an anderer Stelle, denn der eigentliche Schrecken, fernab von dunklen Korridoren und lästigen Jump Scares, kristallisiert sich im Spiel des erst zehnjährigen Jackson Robert Scott. Mit welcher Eiseskälte er den besessenen Miles darzustellen vermag, ist erschütternd. Innerhalb von Sekunden kann aber auch wieder der ängstliche Junge durchbrechen, der herzzerreißend weint und sich der Liebe seiner Mutter versichern will. Mit seinem blutjungen Hauptdarsteller befindet sich The Prodigy in bester Gesellschaft: Ob Der Exorzist, Das Omen oder Friedhof der Kuscheltiere – sie alle setzen auf die brisante Mischung aus Unschuld und Diabolie, die ein böses Kind verkörpert. Auch Miles ist eine gespaltene Figur, derart schwankend zwischen hilflosem Opfer und kaltblütigem Sadisten, dass beide nicht auseinanderzuhalten sind. Wann der „echte“ Sohn ihr gegenübersteht, kann auch die eigene Mutter bald nicht mehr mit Sicherheit sagen.

The Prodigy

Trotz der hochkarätigen Besetzung, konzentriert sich der Film vor allem auf Taylor Schilling und Jackson Robert Scott. Die enge Beziehung zwischen Mutter und Kind ist der Kern der Handlung, das spiegelt auch der Score wider, als dessen Herzstück Joseph Bishara (Conjuring– und Insidious-Reihe) ein unheimliches Wiegenlied komponiert hat. Die übrigen Figuren bleiben dagegen relativ blass, selbst der Vater wirkt zeitweise wie ein Statist. Zwar liebt auch er seinen Sohn, doch ist es Sarah, die sich der Film zur Identifikationsfigur erwählt hat. Es sind ihre Liebe zu Miles, ihre Angst um ihn (mitunter auch vor ihm) und ihre Hoffnung, die sich dem Zuschauer transportieren. Was geht in einer Mutter vor, die zwischen ihrer eigenen Sicherheit und der ihres Kindes entscheiden muss? Wie weit würde sie gehen, um ihren Sohn zu beschützen? Obwohl dem Film mit Sarah eine starke Frauenrolle gelingt, reicht sie jedoch zu keinem Zeitpunkt an offensichtliche Vorbilder wie Rosemarie (Rosemaries Baby) oder Chris MacNeil (Der Exorzist) heran. Dazu verlässt sich The Prodigy in letzter Instanz zu sehr auf Klischees

Fazit

The Prodigy bietet soliden Mainstream-Horror, der vor allem Fans der „Böse Kinder“-Thematik ansprechen wird. Der zehnjährige Jackson Robert Scott ist zweifellos der Star des Films und in seiner Rolle als besessener Miles ebenso überzeugend wie erschreckend. Ansonsten verzichtet The Prodigy allerdings auf große Überraschungen und zieht lieber die altbekannten Genre-Register.

Bewertung

Spannung Rating: 2 von 5
Atmosphäre Rating: 3 von 5
Gewalt  Rating: 3 von 5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: The Prodigy© Splendid Film

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

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