Poltergeist
Kritik

Poltergeist (1982) vs. Poltergeist (2015)

Der von Steven Spielberg produzierte Poltergeist aus dem Jahr 1982 ist immer noch einer der beliebtesten Horrorfilme – und insbesondere für Kinder der 70er und 80er auch vielfach der erste Film, bei dem sie das Gruseln gelernt haben. Nach über 30 Jahren versuchte das Remake von Gil Kenan, daran anzuknüpfen. Wir machen den Vergleich!

Originaltitel:
Jahr:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Poltergeist
1982
USA
114 Minuten
Tobe Hooper
Steven Spielberg, Michael Grais, Mark Victor
JoBeth Williams, Heather O’Rourke, Craig T. Nelson u.a.

Originaltitel:
Jahr:

Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Poltergeist
2015
USA
93 Minuten
Gil Kenan
David Lindsay-Abaire
Sam Rockwell, Rosemarie DeWitt, Kennedi Clements u.a.

Spielbergs Poltergeist entstand in einer Zeit, als der Regisseur sich vor Projekten kaum noch retten konnte und deshalb Filme als Produzent betreute und die Regie an hoffnungsvolle Jungtalente abgab, wie beispielsweise bei The Goonies, Gremlins oder eben Poltergeist. Dabei ist sein Einfluss übermächtig spürbar – so sind die Dramaturgie und die Art der Dialogführung in den Filmen typisch für das Werk von Spielberg. In der klassischen Geistergeschichte, die er 1982 auf die Leinwand brachte, gab er den Regie-Staffelstab an Tobe Hooper (Texas Chainsaw Massacre) weiter.

Fast genau 30 Jahre später begannen die Dreharbeiten für das von Sam Raimi (Tanz der Teufel) produzierte Remake. Regisseur Gil Kenan konnte bisher mit City of Ember und Monster House auf sich aufmerksam machen. Letzterer wurde von Steven Spielbergs Studio Amblin Entertainment produziert.

Trailer zum Original:

Trailer zum Remake:

Inhalt

Schauen wir uns zuerst mal die Inhaltsangabe der beiden Filme an, die im Wesentlichen deckungsgleich ist:

Im Haus einer typisch amerikanischen Mittelstandsfamilie spukt es. Besonders scheinen es die Geister auf die jüngste Tochter abgesehen zu haben. Als das Mädchen eines Nachts spurlos verschwindet und ihre Stimme aus dem Fernseher kommt, kann nur noch ein professionelles Medium helfen…
Drehbuchautor David Lindsay-Abaire und Gil Kenan ändern jedoch einige Dinge. Während im Original sich die Geschichte sehr langsam entfaltet und die meisten wichtigen Geschehnisse für das Finale aufbewahrt, hat das Remake diese Geduld nicht und setzt die Szenen schon früher ein.
Natürlich passt das Remake das Motiv der Angst vor der Technik den modernen Gegebenheiten an und statt dem Röhrenfernseher dürfen sich hier auch Tablets und Smartphones seltsam verhalten. Durch die moderne Technik bekommen wir mittels Drohne auch einen Einblick in die Geisterwelt, welcher uns das Original gänzlich verwehrte.
Während im Original Mutter Diane im Mittelpunkt steht, sind es bei Kenan die Kinder der Familie, die mehr in den Fokus rücken. Zudem kommt im Remake ein gänzlich neuer Charakter hinzu und das führt uns auch sogleich zum nächsten Punkt.

Poltergeist
Familie Freeling im Original und …
Poltergeist
… Familie Bowen im Remake. Jeweils mit professioneller Unterstützung.

Schauspiel

Die Schauspielerriege kann sich in beiden Filmen sehen lassen:
In Spielbergs Film merkt man eindeutig, dass alle Ensemblemitglieder ihre Rollen eindringlich und mit viel Herzblut spielen, allen voran JoBeth Williams (Stop, oder meine Mami schießt), Craig T. Nelson (Im Auftrag des Teufels) und Zelda Rubinstein (Picket Fences).
Kenans Film kann mit dem wunderbaren Sam Rockwell (Moon, Joshua) sowie Rosemarie DeWitt (La La Land) auftrumpfen und fügt mit dem verschrobenen Geisterjägers Burke sogar eine neue Figur hinzu – hervorragend gespielt von Jared Harris (The Ward).

Poltergeist
Zelda Rubinstein als Medium Tangina im Original

Dramaturgie

Über die schauspielerischen Leistungen in beiden Filmen kann ich kein schlechtes Wort verlieren, wie sieht es jedoch mit der Dramaturgie aus:
Hoopers und Spielbergs Poltergeist ist voller Dramatik, Spannung und auch Komik. Der Film startet als Portrait einer typischen amerikanischen Familie und steigert das Grauen wohldosiert – bis im letzten Akt der pure Terror tobt. Geschickt wird mit Kinderängsten gespielt, wie beispielsweise vor Clowns, Dunkelheit oder Gewittern.
Kenans Film kann weder die tolle Atmosphäre des 82er-Films aufgreifen, noch dessen schönem Erzählfluss das Wasser reichen. Sein Film ist ebenfalls mit Humor angereichert, allerdings gönnt er dem Publikum dabei keine Pause, sodass sein Poltergeist oft unfreiwillig wie eine Parodie des Originalfilms wirkt. Zudem gibt es keine einzige Szene, die im Gedächtnis haften bleibt, im Gegensatz zu den vielen ikonischen Szenen des Originals.

Allerdings sind die wissenschaftlichen Erklärungen im Originalfilm für Laien manchmal etwas schwer verständlich, hier wird mit parapsychologischen Begriffen um sich geworfen und eine Erklärung muss sich der Zuschauer selbst zusammenreimen. Dies kann den Film zusätzlich noch etwas ausbremsen.

Poltergeist
Der Clown im Original
Poltergeist
Der Clown im Remake

Effekte und Musik

Beim Original kam George Lucas‘ SFX-Schmiede ILM zum Einsatz und schuf ein paar sehr schöne Effektszenen. Unter anderem jene unvergessliche Szene, als die Geister die geschwungene Treppe im Haus herabschweben. Hier ist die Kombination aus Effekten und Musik perfekt!
Über allem thront der wirklich geniale Soundtrack von Jerry Goldsmith (u.a. Alien, Star Trek – The Movie, Basic Instinct), der je nach Handlung düster-bedrohlich, süßlich-kindlich oder dramatisch-herzzerreißend klingt.
Andererseits wirkt die Gesicht-Abreiß-Szene etwas deplatziert, als wollte man mit Gewalt eine härtere Szene in den Film bringen, um den damaligen Trend zu folgen.

Gil Keenan hingegen präsentiert uns ein fades Potpourri aus modernen Horrorfilmzutaten: Jumpscare an Jumpscare geklatscht, schon-tausendmal-gesehen-3D-Effekte und schnelle Schnitte. Handwerklich ist das alles auch nicht schlecht gemacht, aber im Endeffekt genauso herzlos wie langweilig.
Der Score vom deutschen Komponisten Mark Streitenfeld (Prometheus) ist so beliebig, dass er nach dem Film sofort aus dem Gedächtnis verschwindet.

Poltergeist
Geister-Treppen-Szene im Original

Resümee

Der 82er Film von Tobe Hooper und Steven Spielberg kann in fast allen Punkten das Remake übertrumpfen und das trotz seines stolzen Alters von 36 Jahren. Neue Technik und Dauer-Synapsen-Befeuerung sind kein Garant für einen guten Film, dazu gehört auch ein Gespür für Dramatik.

Steven Spielbergs Poltergeist wird immer noch von Horrorfans geliebt und ist auch heutzutage noch ein fast perfektes Gruselerlebnis. Die Neuauflage ist seelenlos und zum sofortigen Vergessen geeignet: lieblos runtergekurbelt, mit 08/15-Effekten und keinerlei Gespür für jegliche Dramatik – kurzum einer der Filme, die Remakes so einen schlechten Ruf eingebracht haben. Man könnte fast meinen, der Regisseur hätte das Original nie gesehen oder ist überhaupt nicht empfänglich für dessen Stärken. So kann die Adaption nicht mal ansatzweise die Klasse des Kultstreifens erreichen und sollte besser im Regal bleiben.

 

Bildquelle: Poltergeist 1982 © Warner Home Video | Poltergeist 2015 © 20th Century Fox Home Entertainment

Seit 40 Jahren erlebe ich den Horror dieser Welt. Kein Wunder, dass sich das auch auf meinen Filmgeschmack niederschlägt. Um das Klischee zu vervollständigen: ich mag Metal :)

One Comment

...und was meinst du?