The Unthinkable
Kritik

The Unthinkable (2018) – Review

In The Unthinkable begegnen wir einem jungen Konzertpianisten, seinem schwierigen Vater und seiner Jugendliebe. Aber auch einer rätselhaften Macht, die wie aus dem Nichts ganz Schweden mit verheerendem Terror überzieht.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Den blomstertid nu kommer
Schweden
129 Minuten
Victor Danell
Victor Danell, Christoffer Nordenrot
Christoffer Nordenrot, Lisa Henni, Jesper Barkselius u.a.

Inhalt

2005 in einer Kleinstadt nahe der schwedischen Küste. Der 16jährige Teenager Alex hat es nicht leicht – in der Schule wird er gemobbt, und in seiner Familie kriselt es. Sein Vater Björn, ein Pilot, der vormals dem Land diente, ist mit seiner Maschine auf der Suche nach russischen Frachtern, die heimlich Öl transportieren. Björn ist darüber hinaus mit dem Zustand des Militärs unzufrieden und trägt seine Frustration in die Familie hinein. So schwelt der familieninterne Streit auch wenige Tage vor Weihnachten.

Seine Liebe zur Musik und die hübsche, gleichaltrige Anna, die in der Nachbarschaft zu Besuch ist, sind für ihn die einzigen Ablenkungen von den Streitereien. Er spielt zusammen mit ihr auf dem Klavier der örtlichen Kirche und ist in sie verliebt. Er ist jedoch zu schüchtern, ihr dies zu offenbaren. Als die familiären Streitigkeiten wegen eines Weihnachtsgeschenks eskalieren und Anna wenig später abreist, flieht Alex nach Stockholm zu seinem Onkel.

12 Jahre später: Alex ist ein gefeierter Konzertpianist. Da er sich mit seinem neuen Bechstein-Flügel nicht anfreunden kann, erinnert er sich an das alte Klavier. Er beschließt, in seine alte Heimat zurückzufahren, als es in der verregneten Landeshauptstadt zu mehreren verheerenden Explosionen kommt. Seine Mutter ist unter den Opfern der Anschläge und soll beerdigt werden. Nach zwölf Jahren müsste er somit wieder mit seinem Vater reden. Dass er Anna wiederbegegnet, macht die Sache für ihn nicht einfacher.

Stockholm, kurz nach den Terroranschlägen.

Björn, der inzwischen in dem Atomkraftwerk arbeitet und zu einem Verschwörungstheoretiker geworden ist, vermutet die Russen hinter diesen Anschlägen. Er wird vor dem AKW attackiert und dann läuft die Situation völlig aus dem Ruder. Ein unbekannter Feind greift wie aus dem Nichts direkt auf dem Festland an und normale Menschen beginnen plötzlich, durchzudrehen …

Kritik

Das schwedische Kino ist vor allem für seine Dramen, Komödien, Kinderfilme und Krimis/Thriller bekannt. Darüber hinaus fanden auch Horror-Filme wie Thelma und So finster die Nacht international Beachtung. Weitaus unbekannter sind die wenigen Actionfilme, wie die Easy Money-Trilogie und Agent Hamilton. The Unthinkable stößt genau in diese Nische. Der Film vereint den Katastrophenfilm mit Elementen des Home-Invasion-Films und des Thrillers. Home im Sinne von Heimat, nicht im Sinne von Haus. Dabei erinnert The Unthinkable zeitweise an eine gelungenere Version von The Happening, auch wenn der Feind hier lange aus dem Dunkel heraus erscheint und lange niemand wirklich weiß, was die Menschen verändert. Der nebulöse Antagonist des Films zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er für beinahe die gesamte Spieldauer ebenso gesichtslos wie unberechenbar bleibt, womit er etwas verstörend-rätselhaftes besitzt.

Im ersten Viertel ist The Unthinkable auch typisch schwedisch; er nimmt sich viel Zeit, um uns die durchaus menschlichen Charaktere vorzustellen. Es handelt sich dabei nicht um glatte, eindimensionale, häufig politisch korrekte Übermenschen, wie sie gerade das amerikanische Kino gerne präsentiert. Stattdessen treffen sie Entscheidungen, die man auch nicht mögen darf, sind streitbar, vielleicht sogar unsympathisch – oder schlichtweg menschlich. Das ist für das Action-Genre eine wohltuende Ausnahme, auch wenn sich die Unberechenbarkeit der feindlichen Macht mit zunehmender Dauer auf das Skript auswirkt.

Björn (Jesper Barkselius) und Alex (Christoffer Nordenrot) im Angesicht der Katastrophe.

Einige der getroffenen Entscheidungen (wie auch zeitweilig die Handlung) sind im weiteren Verlauf wenig nachvollziehbar, und auch die Charakterisierung gelingt nicht mehr wie zu Beginn. Entsprechend Björns Auslassungen über das Militär zu Beginn des Films, wirken die schwedischen Streitkräfte im späteren Verlauf tatsächlich völlig desorganisiert. Damit unterstreicht Victor Danell, der als Spielfilm-Regisseur und -Autor debütiert, zwar die Meinung des Charakters Björn, überzeugt damit aber nicht wirklich. Auch wenn die gezielten, terroristischen Anschläge sicherlich die Nation ebenso tief ins Mark treffen, wie sie zermürben und diese Aussage ein dramaturgischer Kniff ist. Diese Drehbuchschwächen treffen ebenso auf einige andere Details zu, das passt jedoch zu dem B-Movie-Charakter des Films. Ein guter Skript-Doktor hätte hier noch eine Menge rausholen können, wäre bei dem Budget aber vermutlich nicht mehr finanzierbar gewesen.

Das Budget betrug zwei Millionen Euro, wovon etwa 80.000 Euro über Kickstarter gesammelt wurden. Damit ist The Unthinkable das erfolgreichste Crowdfunding-Projekt Schwedens und hat damit insgesamt etwa so viel gekostet, wie Schwedens Actionstar Nr. 1, Dolph Lundgren, in den 90ern als Gage pro Film verdiente. Victor Danell schrieb und inszenierte den Film als Crazy Pictures, wie das Studioprojekt heißt, das aus fünf Freunden besteht, die einen Teil der technischen Aufgaben beim Film übernahmen.

Alex – nicht so allein im Wald, wie es den Anschein erweckt.

Ebenfalls am Skript wirkte Christoffer Nordenrot mit. Der 31jährige Schauspieler spielt Alex; sowohl als 16jährigen, wofür er innerhalb von drei Monaten zwanzig Kilo abnahm, als auch als Erwachsenen, für den er in einem ähnlichen Zeitraum Muskelmasse aufbauen musste. In beiden Altersabschnitten überzeugt er, was auch weitestgehend auf die anderen Akteure zutrifft. Für eine Konzertszene spielte sich Nordenrot sogar die Finger blutig. Das nenne ich mal Method Acting! Desgleichen spielte Jesper Barkselius seine Rolle als Björn mit ganzem Einsatz; er übernahm neben den Flugszenen auch sämtliche seiner Stunts. Diese sind, wie die meisten Actionszenen, sauber gedreht und geben dem Film ein hohes Tempo.

Darüber hinaus bietet The Unthinkable einige wunderbar atmosphärische Bilder und eine insgesamt sehr gelungene Kameraarbeit. Gefilmt wurde in Norrköping, Östergötland, mit einem Set günstiger, alter Kameralinsen aus der Sowjetunion und DDR, welche Victor Danell selbst modifizierte. Dies verleiht dem Film nicht nur einen speziellen optischen Charakter und trägt zur nasskalten, düsteren, mysteriösen Atmosphäre bei, sondern passt ebenfalls zum kostensparenden Konzept. Dieses wurde auch bei der Videobearbeitung und den VFX berücksichtigt; für beides wurden professionelle Adobe-Programme hinzugezogen.

Eine der Szenen, deren Look für den Film repräsentativ sind.

Fazit

Wenn man einmal ab von dem nur teilweise überzeugenden Drehbuch absieht, bleibt immer noch ein guter B-Movie Action-Thriller mit tragischem Unterton. The Unthinkable hebt sich durch seine Charaktere, das gesichtslose Böse und seine Bildwirkung von den typischen Action-Reißern ab.

Bewertung

Spannung Rating: 4 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  Rating: 2 von 5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: The Unthinkable © Ascot Elite

Horrorfilme sind eines der Genres des Films, den ich in seiner Gesamtheit seit meiner frühesten Kindheit und der ersten Begegnung mit den Kreaturen des Ray Harryhausen fast schon abgöttisch liebe. Im Horrorfilm taucht der Zuschauer nicht nur bis zu den Abgründen der menschlichen Seele, sondern häufig weitaus tiefer.

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