Madness of Many
Kritik,  Tabulos

Madness of Many (2013) – Livebericht

Seit langem gibt es mal wieder einen Livebericht. Wie üblich knöpf ich mir einen Underground-Film oder sonstige Extremfälle vor, über die ich im Normalfall so gut wie nichts weiß, und schreib fröhlich mit – natürlich möglichst spoilerfrei. Dieses Mal lass ich Madness of Many von Kasper Juhl über mich ergehen und bin schon sehr gespannt, was mich wohl erwartet.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

Madness of Many
Dänemark
73 Minuten
Kasper Juhl
Kasper Juhl

Über Madness of Many weiß ich wieder einmal rein gar nichts, aber ich habe schon gehört, dass Kasper Juhl eher zu der gehobeneren Klasse der Schlachter gehört und die Review von Jan zu A God Without a Universe scheint dies durchaus zu bestätigen.

Also Scheibe rein und los geht’s! Es scheppert und ich darf ein Baphomet-Logo bewundern. Gleich eine Warnung hinten nach, dass das jetzt alles heftig böse wird. Wer so einen Undergroundfilm kauft, kann das ja keinesfalls wissen. Gefolgt von

Pain and suffering is what sharpens the expansion of my conscience. What I experience, my conscience and my thoughts, are what sends out motion in the universe and experience the so called life. And it is from here, everythings erupts, that drives me to peace.

Oder wie die Buddhisten zu sagen pflegen: Leben ist Leiden. Damit dürfte klar sein in welche Richtung das geht.

Die ersten Bilder wirken sehr hochwertig. Die Handkamera ist nah am Geschehen, ohne großartig zu wackeln. Juhl verwehrt uns jeglichen Establishing Shot, Orientierung unerwünscht. Das Intro bleibt eine vage Vorahnung von dem was wohl noch kommen wird.

Chapter 1: Birth

Madness of Many von Kasper Juhl
Kasper Juhl auf einer signierten Autogrammkarte

Nein, nicht kotzen! Na wäh. Kann ich ja gleich bei Lucifer Valentine bleiben. Wie soll ich denn so essen? Dazu ein geschwollenes Voice-Over. Allerdings nicht so mühsam wie in Doras Melancholie der Engel. Die abgründige Vorgeschichte wird vollkommen mit einem Voice-Over zu Naturbildern erzählt, untermalt von einer weinenden Frau. Das Voice Acting ist nicht grauenhaft, aber auch weit weg davon mitreißend zu sein. Damit vergehen schon einmal zehn Minuten.

Bisher nicht aufregend, aber auch nicht außergewöhnlich schlecht. Das Voice-Over wird allerdings jetzt schon anstrengend.

Nach 15 Minuten scheint nun der Hauptteil zu starten. Sprich: irgendeine Form von Folter.

Chapter 2: Between Two Kingdoms

Optisch macht das wirklich was her. Die Grau- und Sepia-Filter sind jetzt zwar keine große Innovation, tun aber ihren Dienst. Die Kamera ist immer mitten drin und immer in Augenhöhe mit dem Opfer, das übrigens nun von einer anderen Schauspielerin verkörpert wird. Was sich übrigens in den folgenden Kapiteln wiederholen wird, soviel kann ich schon einmal vorweg nehmen.

Juhl versteht es durchaus seine Erzählungen zu bebildern, was mir derzeit allerdings fehlt, ist das visuelle Erzählen. Das führt dann dazu, dass die gut inszenierten Bilder teilweise leer wirken.

Das Sounddesign geht leider auch über Schreie und ständiges Dröhnen kaum hinaus. Was zusammen mit dem sich auch inhaltlich wiederholenden Voice-Over-Gelaber über den Sinn von Schmerzen den Griff zur Mute-Taste verführerisch macht.

Chapter 3: The Darkness Within

Und es wird wieder einmal Blut gekotzt. Gut, dass die Möbel alle mit Plastikfolie abgedeckt sind. Ich würde die Sauerei auch nicht in meiner Wohnung haben wollen. Da merkt man auch, dass Herr Valentine was von Kotze versteht, dort sah das doch wesentlich besser aus. So mies ich die Filme finde, aber von Kotze verstehen sie was, diese Emetophilen.

Davon abgesehen wäre hier durchaus Potential. Die Bilder sind schön eingefangen und würde Kasper Juhl versuchen komplett auf das Voice-Over zu verzichten, bin ich überzeugt, dass hier ein durchaus ansehnlicher, experimenteller Underground-Film rauskommen würde… und schon wieder wird gekotzt, gerade als ich schreiben wollte wie schön ich die Bildkomposition finde. Nichts gegen Kotze, aber als reiner Selbstzweck zur Provokation ist mir das zu wenig.

Eine knappe halbe Stunde folgt noch und der Gore-Anteil hat gerade beträchtlich zugenommen. Was nicht schwer ist, denn außer Kunstblut war bisher nicht viel zu sehen. Und es wird wieder gekotzt. Warum? Einfach nur warum. Und noch einmal und noch einmal. Sapperlot! Jetzt ist doch mal gut hier. Irgendwann ist der Magen doch auch leer.

Schnitt. Und, meine Damen und Herren, liebe Kinder, jetzt sehen Sie einen dampfenden Wasserkocher umgeben von Blutflecken. Hat was von Teleshopping für Hobby-Folterer. Falls die Gorehounds sich schon die Hände reiben, muss ich leider bremsen. Das Ergebnis sind leider nur nasse Gesichter. Dennoch eine meiner absoluten Lieblings-Szenen bisher!

Final Chapter: Rebirth

Nach weiterem Voice-Over-Geschwurbel sind wir wieder bei der Anfangsszene. Das Ende naht und zum Abschluss gibt es noch einmal ein paar handgemachte Effekte. Äußerst selbstzweckhaft, aber toll gemacht. Der darauf folgende Abschluss ist dann noch einmal richtig schön in Szene gesetzt und stimmt mich wieder versöh… und es wird wieder gekotzt.

Fazit

Madness of Many zeigt deutlich, dass Kasper Juhl weiß was er tut. Insbesondere die albtraumhaften Höllenszenen in einem komplett schwarzen Raum hätte ich mir die volle Spielzeit anschauen können. Beleuchtung, Kameraführung und die gesamte Ausstattung sind hier schlichtweg top. Leider besteht der Film nicht ausschließlich aus diesen Szenen, sondern zu einem großen Teil aus pseudophilosophischem Voice-Over-Geschwafel, das ohne roten Faden mit irgendwelchen, bevorzugt kotzenden, Frauen bebildert wird. Durch die dennoch oftmals schönen Bilder ist das auf die kurze Spielzeit erträglich, aber nichts was ich mir öfters geben würde – und hier auch noch einmal die Warnung an die „Blut und Beuschel“-Fraktion: die Gore-Szenen sind rar gesät. Dennoch merkt man, dass viel Talent in dem dänischen Regisseur steckt, auch wenn es sich hier leider nur punktuell entfaltet.

 

Bewertung

Spannung Rating: 1 von 5
Atmosphäre Rating: 2 von 5
Gewalt  Rating: 3 von 5
Ekel  rating3_5
Story  Rating: 1 von 5

Bildquelle: Madness of Many © Hellbound Productions

Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?