The Devil's Candy
Kritik

The Devil’s Candy (2015) – Review

oder: der unverbrauchte Nachschlag für Horror-Naschkatzen

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

The Devil’s Candy
USA
79 Minuten
Sean Byrne
Sean Byrne

Hintergründe & Inhalt

Drehbuchautor und Regisseur Sean Byrne hat schon mit seinem Debütfilm The Loved Ones gezeigt, dass er etwas von Horror versteht. Leider zogen einige Jahre ins Land bis der Australier sein nächstes Projekt The Devil’s Candy verwirklichen konnte. War sein Debütwerk eine Liebeserklärung an den Horrorfilm, so geht es in seinem neuen Film weitaus persönlicher zu. Byrne steckte während des Schreibprozesses in einem Karrieretief und zudem war seine Frau schwanger.

Dies floss schlussendlich in die Geschichte des Künstlers Jesse, der mit dem was er wirklich machen will seine Familie nicht ausreichend unterstützen kann und nimmt daher auch Auftragsarbeiten entgegen, die nicht unbedingt seinem Ideal von Kunst entsprechen. Da ist es dann auch nicht sonderlich förderlich, dass es in dem neu erworbenen Haus zu spuken scheint und seltsame Gestalten durch die Nachbarschaft schleichen.

Kritik

Der Film legt, eher untypisch für Horrorfilme, einen starken Fokus auf die Vater-Tochter-Beziehung, welche auch wirklich sehr schön ausgestaltet ist. Mit vielen Kleinigkeiten wie dem humorvollen Kampf um die Musik im Auto schafft Sean Byrne ein authentisch-sympathisches Familiengefüge, das über den Genredurchschnitt hinausgeht und dazu führt, dass ich wesentlich stärker mit den Charakteren mitfühle. Leider ist der Charakter von Mama Hellman nicht annähernd so gut gezeichnet und es stellt sich auch irgendwie die Frage wieso sie überhaupt vorkommt. Als alleinerziehender Vater hätte man dem Charakter von Ethan Embry sogar noch mehr Kraft verleihen können ohne dass etwas von der Dramaturgie verloren gegangen wäre – und zudem hätte man nicht das Bild der klassischen Kernfamilie reproduziert.
Eine gewisse Sympathie für härtere Klänge hilft übrigens sehr um mit dem Vater-Tochter-Metalhead-Gespann noch mehr mitzufühlen.

The Devil's Candy
Ethan Embry & Kiara Glasco als Vater-Tochter-Gespann

Die Familie ist glücklicherweise auch hervorragend gecastet. Insbesondere zwischen Ethan Embry (The Guest) und Kiara Glasco (Maps to the Stars) stimmt einfach die Chemie. Neben der Familie tut sich aber vor allem Pruitt Taylor Vince als menschlicher Bösewicht hervor, der in seiner kindlichen und zugleich rohen Art mich an Laurence R. Harvey aus The Human Centipede 2 (Full Sequence) erinnert hat. Beide haben eine faszinierende, sehr körperliche Präsenz, die eine sehr natürlich Bedrohung entstehen lässt. Hier geht es nicht um ein übernatürliches Monster oder einen Superkiller, sondern um gefährlichen Wahnsinn, der allerdings immer noch an die physikalischen Grenzen eines übergewichtigen Körpers gebunden ist. Solche Antagonisten, die teilweise wirken als ob sie nur eine Kopie der großen Horrorikonen wären, sehe ich persönlich sehr gerne, da es einen Horrorfilm noch einmal geerdeter wirken lässt.

Was den Film aber nun für mich besonders hervorhebt, ist der frische, unverkrampfte Umgang mit dem Subgenre. Das ist so frisch, dass man oft sogar vergisst, dass wir es hier mit Okkultismus und Besessenheit zu tun haben. Ich möchte die Story von The Devil’s Candy an dieser Stelle auch nicht ausbreiten, um Spoiler zu vermeiden. Nur so viel: dem Drehbuch gelingt es gekonnt ein Setup aufzubauen, welches von satanischem Metal bis zum neu bezogenen, verfluchten Mörderhaus kein Klischee auslässt und bastelt sich daraus flugs eine originäre Story, die einen zu keinem Zeitpunkt an verbrauchte Versatzstücke denken lässt.

Und zu guter Letzt ist das feine Stück von Sean Byrne auch noch astrein inszeniert. Insbesondere in Zusammenhang mit dem Production Design von Thomas S. Hammock (The Guest, You’re Next und für die kommende Anime-Verfilmung Death Note) gelingen Kameramann Simon Chapman hier wirklich einige sehr einprägsame Bilder, was insbesondere auch mit der eindrucksvollen Beleuchtung zusammenhängt. Wenn dann noch die Metalklänge perfekt in die Story eingewoben werden, ist das eine unheimlich beeindruckende Horrorproduktion die Byrne und sein Team auf die Beine gestellt haben. Unbedingt anschauen und anhören – vor allem auch den Abspann!

 

Bewertung

Spannung Rating: 4 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  Rating: 2 von 5
Ekel  Rating: 0 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: The Devil’s Candy © Splendid Film GmbH / WVG Medien

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Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?