Trauma
Kritik

Trauma (2017) – Review

In dem ultraharten chilenischen Backwood-Slasher Trauma werden vier Frauen mit den bösen Folgen der Pinochet-Diktatur konfrontiert: einem ehemaligen Gefangenen, der nun selbst zum Täter wird…

Originaltitel:
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Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Trauma
Chile
106 Minuten
Lucio A. Rojas
Lucio A. Rojas
Catalina Martin, Macarena Carrere, Ximena del Solar u.a.

Inhalt

Chile 1978; das Pinochet-Regime treibt sein blutiges Unwesen. Irgendwo im chilenischen Hinterland: Zwei Gefangene, eine Mutter und ihr junger Sohn Juan, werden in einem politischen Gefängnis zum Inzest gezwungen. Während des Aktes wird die Mutter erschossen und der Sohn bleibt traumatisiert in der Gewalt seiner Peiniger zurück.

Etwa vierzig Jahre später: Die lesbische Camila, ihre Geliebte Julia und deren Schwester Andrea sowie Camillas Cousine Magdalena reisen zusammen ins Hinterland. Dort wollen sie abseits des Alltags zusammen in einem luxuriösen Bungalow ein paar ruhige Tage verbringen. Andrea hasst Lesben jedoch, und so kochen schnell die Emotionen hoch. Es dauert auch nicht lange, bis sich Julia an Magdalena ranmacht. Was die vier Frauen nicht wissen: Ihr Domizil liegt unweit des ehemaligen Gefängnisses.  Das existiert zwar schon lange nur noch als stillgelegtes, zerfallendes Gemäuer, aber es ist nicht unbewohnt. Und der geistig verwirrte, hochgradig gefährliche Juan ist inzwischen selbst Vater. Schon bald bekommen die Frauen unliebsamen Besuch und erleben ihr ganz eigenes Trauma

Kritik

Lucio A. Rojas (Zombie Dawn, Sendero), der den Film sowohl drehte als auch selbst schrieb und am Schnitt mitarbeitete, erzählt seine Geschichte in eindeutigen Bildern. Er versteht sich durchaus darauf, Schock- und Gewaltszenen zu inszenieren. An Gore, Gemetzel und Guts spart er dabei nicht, und diese Szenen sind technisch sehr gut umgesetzt.  Vor allem mit lesbischem Softsex wird nicht gegeizt; Sex Sells und das lesbische Porno-Genre ist seit Jahren das weltweit meist gesehene. Das geht allerdings zulasten des Aufbaus der Handlung und seiner Charaktere.

Camila und Julia

Rojas ist ein Voyeur, kein Erzähler. Deswegen funktioniert Trauma nicht über die narrative Ebene, sondern nur über die visuelle. Dort bietet der Film einige hochwertig in Szene gesetzte, atmosphärische Bilder, wozu aber vor allem das Set, die Kamera und die Beleuchtung beitragen.

Leider gelingt es Rojas ebenfalls nicht, einen durchgängigen Spannungsbogen aufzubauen, und nebenden Charakteren, Dramaturgie und Dialogen hätte auch das Erzähltempo des Films dringend einen Feinschliff benötigt.

Der Ansatz, den Geisteszustand seiner Antagonisten mit den Gräueltaten der chilenischen Militärdiktatur zu erklären, könnte durchaus interessant sein. In seiner Umsetzung ist es letztlich nur eine weitere, magere Variation dessen, was u.a. Wes Craven in The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen zeigte: Das Opfer wird aufgrund eines physischen und psychischen Traumas zum Täter.

Neben der Zwangs-Vergewaltigungsszene wird die Diktatur vor allem über eine Action-Szene skizziert, in der das Gefängnis Schauplatz einer reißerisch inszenierten Kampfhandlung zwischen Militär und Rebellen ist; bei den Schrecken des Pinochet-Regimes ist das eine ebenso schwache wie völlig oberflächliche Abhandlung. In Interviews gab Rojas an, sein Film wäre als Reflexion über das Wesen der Gewalt, des Pinochet-Regimes und der physischen und sexuellen Gewalt an Frauen zu verstehen. Das hätte mit etwas Fingerspitzengefühl, oder einem etwas sensibleren Umgang mit dem Thema, sicherlich auch funktionieren können, wirkt so aber nur wie eine Schema-F-Variante eines Backwood-Slashers. Statt die Gewalt und ihre Folgen tatsächlich zu kritisieren, huldigt Trauma genau jener Gewalt, die er anprangern will.

Man kann der Zwangs-Vergewaltigungsszene eine verstörende Wirkung nicht absprechen, doch Rojas zeigt auch nicht viel mehr an tiefgründigen Szenen. Die psychologischen, kritisierenden Ansätze wirken in dieser Form genauso aufgesetzt wie die lesbischen Sex-Szenen. Es drängt sich leider der Eindruck auf, dass Rojas nicht nur nicht gewillt ist, seine Charaktere und vor allem seinen Antagonisten nachvollziehbar psychologisch zu vertiefen und seine Intentionen vernünftig umzusetzen, sondern schlichtweg einfach nicht in der Lage dazu ist.

Andrea, Julia, Camila und Magdalena

Dabei sind die Ansätze zur Charakterisierung durchaus vorhanden: Die Folterungen während der Gefangenschaft, der Sex (mit dem man durchaus auch Charaktere skizzieren könnte), verzerrte und verstörende Klänge sowie traumatisch düstere Bilder, die den Seelenzustand vor allem des Antagonisten widerspiegeln. Auch, wenn er seinen weiblichen Protagonisten zumindest eine gewisse Entwicklung zugesteht, versteht er es jedoch nicht, sie so zu entwickeln, dass sie den Zuschauer tatsächlich ins Geschehen einbinden. Wenn er etwas mit dem Film beweist, dann, dass er kein Erzähler ist, sondern ein Voyeur.

Als Regisseur ist er, wenn man den Film für sich beurteilt, nicht daran interessiert, die Charaktere irgendwie zu vertiefen, sondern lediglich daran, den Sex, die Grausamkeiten und Brutalitäten so breit wie möglich auszuspielen. Es spricht nichts gegen eine realistische Gewaltdarstellung, solange sie die Handlung, die Aussage oder die Charaktere unterstreicht. Das ist Rojas nicht gelungen. Statt die Gewalt zu reflektieren, zelebriert er sie. Weder Charaktere noch Schauspieler bleiben nachhaltig im Gedächtnis haften, auch wenn die Schauspieler ihre Rollen vergleichsweise ordentlich spielen, und die Intentionen, so ehrbar sie auch sein mögen, sind lediglich in den Interviews zu lesen, aber nicht im Film zu sehen.

Dabei zeigt Rojas außer der ersten Szene nichts, was nicht bereits zuvor gezeigt wurde – nur dass er das sehr deutlich zeigt. Da sein Film aus Chile stammt, kommt ihm durch das Setting eine gewisse Exotik zugute. Die Bilder sind visuell durchaus wirksam auf Schocks, Gewalt, Gore, Sex, Verderben, Zerstörung und Tod zugeschnitten. Rojas wird mit seinem Film bei Fans von Schock- und Gore-Filmen durchaus punkten, denn dort verfügt er über entsprechende visuelle Qualitäten. Auch technisch ist der Film für eine Low-Budget-Produktion wenn zwar nicht frei von Schwächen, aber doch weitestgehend hochwertig umgesetzt. Gerade die Make-Up-Effekte sind ausgesprochen gelungen. Zudem kann Rojas auch mit ein paar durchaus interessante Szenenfolgen punkten.

Fazit

Trauma bietet reichlich Schocks und Gore Made in Chile, bei dem Exploitation-Fans visuell voll auf ihre Kosten kommen werden. Wer hinsichtlich Drehbuch und Darstellung jedoch höhere Ansprüche stellt, kann getrost einen weiten Bogen um den Film machen.

Bewertung

Spannung Rating: 2 von 5
Atmosphäre Rating: 3 von 5
Gewalt  Rating: 5 von 5
Ekel  Rating: 4 von 5
Story  Rating: 2 von 5

Bildquelle: Trauma © Indeed Film

Horrorfilme sind eines der Genres des Films, den ich in seiner Gesamtheit seit meiner frühesten Kindheit und der ersten Begegnung mit den Kreaturen des Ray Harryhausen fast schon abgöttisch liebe. Im Horrorfilm taucht der Zuschauer nicht nur bis zu den Abgründen der menschlichen Seele, sondern häufig weitaus tiefer.

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