Deadly Games
Kritik

Deadly Games (1989) – Review

Ein hoch begabter Junge will die Existenz des Weihnachtsmannes beweisen. In der riesigen Villa seiner Mutter will er ihn in die Falle locken. Doch mit dem, was ihn stattdessen besuchen kommt, hat er nicht gerechnet…

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

3615 code Père Noël
Frankreich
92 Minuten
Rene Manzor
Rene Manzor
Alain Musy, Patrick Floersheim, Brigitte Fossey u.a.

Inhalt

Minitel war der französische Videotext-Vorläufer des modernen Internets. 3615 code Père Noël lautet die Tele-Chiffre, unter welcher der Weihnachtsmann erreichbar ist. Zumindest ist das die offizielle Werbung und der hochbegabte neunjährige Thomas de Frémont (Alain Musy) glaubt das auch. Über seinen Computer schreibt der Halbwaise aus der riesigen Villa seiner Mutter Julie (Brigitte Fossey, La Boum) an diesen Code und er erhält auch eine Antwort. Die kommt allerdings nicht vom Weihnachtsmann, für den sich der Antwortende ausgibt, sondern aus einem Einkaufscenter, von einem öffentlichen Terminal, geschrieben von einem geistig debilen Mann (Patrick Floersheim, Frantic). Die Verbindung wird getrennt, bevor der Vollbartträger die Adresse erfährt.

Action-Freak Thomas in seinem Computer-Studio.

Der hoch talentierte Technik-Bastler und Action-Freak Thomas möchte den Weihnachtsmann persönlich treffen und beweisen, dass es ihn gibt. Deshalb installiert er neben seinen Fallen auch ein Video-System in der Villa. Er lebt dort mit seiner Mutter, seinem halbblinden Großvater und seinem Hund. Und der Mann möchte Thomas treffen, weshalb er in Julies Warenhaus einen Posten als Weihnachtsmann annimmt, den er nach einem Zwischenfall mit einem Kind rasch wieder verliert. Kurzerhand steigt er in einen Lieferwagen, der die Villa der de Frémonts beliefert.

Der Lieferant wird noch vor der Villa im Auto ermordet, nicht besser ergeht es dem Hauspersonal, als es dem Mann die Tür öffnet und dem Hund, als der Mann ins Haus eindringt. Nun ist für Thomas klar, dass der Weihnachtsmann kein guter Mensch, sondern ein böses Monster ist. Und er wird es zur Strecke bringen. Der Auftakt für ein atemloses Katz-und-Maus-Spiel …

Kritik

1986, drei Jahre vor Deadly Games, gab Rene Manzor sein Debüt mit dem Fantasy-Drama Le Passage – Reise in die Unendlichkeit. Der Film mit dem eiskalten Engel Alain Delon in der Hauptrolle war seit gefühlten Jahrzehnten der erste fantastische Film aus Frankreich. Dem Land, das durch seine Truffauts, Malles und Chabrols fast ausschließlich durch Dramen, Komödien und Thriller bekannt war. Französische Fantasy-Filme, oder gar Horrorfilme, waren zu diesem Zeitpunkt für den Weltmarkt praktisch undenkbar. Die wenigen Regisseure, die in dem Genre filmten, wie Jean Rollin, waren absolute Nischenfilmer oder es waren Produktionen mit internationalem Flair, wie Roman Polanskis Der Mieter, weswegen 3615 code Père Noël auch international lange Jahre kaum Beachtung fand. Bis heute zählt er zu den eher unbekannteren Filmen.

Dieser Santa (Patrick Floersheim) hat alles, nur keine Geschenke dabei.

Auch Le Passage – Reise in die Unendlichkeit war ungewöhnliche und eher schwere Kost. In dem Film ging es um einen Illustrator, dessen Bilder das eigene Kind vor dem Tod retten sollen, mit dem der Illustrator eine Abmachung getroffen hat. Der Film wurde zumindest in Frankreich sehr positiv aufgenommen und sorgte für hunderte von Zuschauer-Briefen, die ihm für den Film dankten, da er ihnen eine neue Sichtweise auf das Leben öffnete. Und Le Passage öffnete Manzor den Weg zu weiteren Filmen. Es sollte daher nicht verwundern, dass die Handlung von Deadly Games nicht so simpel ist, wie man meinen könnte.

Wenn also in Deadly Games zum praktisch offenen Krieg zwischen dem Rambo-Fan Thomas und dem psychopathischen, aber doch irgendwie unschuldig wirkenden Mörder kommt, erfüllt das einen metaphorischen Sinn.

Eines der Zimmer in der Villa.

„Ich war mir meiner Kindheit voll bewusst. Ich war kein Korken in einem Bach und schwebte versehentlich in Richtung Erwachsener. Ich wusste, dass das, was ich erlebte, gut war und dass es nicht andauern würde, aber ich wollte, dass es so lange wie möglich anhält. Als der Wendepunkt kam, erlebte ich die Dinge auf diese Art und Weise: Ich war das Kokonenkind eines Menschen, der mir fremd war und der sich von mir ernährt hatte ‒ dem Erwachsenen, der ich werden sollte ‒ und der von mir jeden Tag ein wenig mehr verschlang. Es war ein Todeskampf zwischen mir und mir.
Es ist dieses Duell, auf das ich mich in 3615 Code Pere Noel beziehe, und so nimmt es notwendigerweise einen fantastischen Ton an. Dieser Wendepunkt in der Kindheit, als das Kind anfängt, Fragen nach der Existenz der Vorstellungskraft, des Wunders und des Todes zu stellen. Ich analysiere das alles aber mit ‚Unterhaltung‘, denn wenn ich ins Kino gehe, möchte ich mich nicht langweilen. Der Film kann für einen ernsthaften Thriller gehalten werden, aber unter der Oberfläche gibt es Ideen, die viel stärker sind als die einfache Unterhaltung.“, erklärte Manzor einst in einem Interview.

Thomas (Alain Musy) wird zu Rambo jr.

Es ist also durchaus ein Kampf mit sich selbst. Auf der einen Seite steht Thomas, ein Kind auf der Schwelle zur Jugend, das trotz aller geistigen Fähigkeiten nicht von seiner Fantasie lassen will. Der Film wird überwiegend aus seiner Sicht erzählt, weswegen er teilweise sehr kindlich erscheint. Auf der anderen Seite steht ein geistig zurückgebliebener Erwachsener, der nie gelernt hat, für seine Taten die Verantwortung zu übernehmen oder sein Handeln richtig überhaupt einzuschätzen, was in vielen Szenen skizziert wird. Dies wird vor allem in einer Szene sehr deutlich, als der Mann, dessen Namen der Zuschauer nie erfährt, Thomas fängt. Hier würde man nun erwarten, dass der Killer kurzen Prozess macht, doch weit gefehlt, er sagt ihm, dass er nun an der Reihe wäre, ihn zu fangen. Es ist also ein Spiel, wenn auch um das Überleben, damit ein Spiel um eine reale Angst.
Der Fremde ist ein Erwachsener, der vom Kind idealisiert wird, bevor das Kind realisiert, dass dieser den Idealen überhaupt nicht gerecht wird und stattdessen eine selbst kreierte, ins Haus gerufene Bedrohung darstellt. Demzufolge muss der Fremde gefangen und unschädlich gemacht werden, bevor er weiteren Schaden anrichtet. Weshalb Thomas auch seinen Großvater beschützen muss, der neben der abwesenden Mutter die einzige familiäre Angehörige ist.

Das alles geschieht in der Villa, häufig aus der Perspektive von Thomas, welche meist von der Kamera übernommen wird. Diese Sicht ist es, die dazu beiträgt, dass die Villa sowohl überdimensional groß als auch teils surreal erscheint. Das Anwesen wurde in einem Studio erbaut, wobei Trompe-l’oeil-Konstruktionen genutzt wurden, also Bauten und Modelle, die eine künstliche, räumliche Tiefe erzeugen, um das Set größer und unheimlicher erscheinen zu lassen. Die Villa der de Frémonts wirkt wie eine eigene, abgeschottete Welt voller Türen, Ecken und Winkel, die vom Keller bis zum Dach zur Szenerie der rasanten Verfolgungsjagd wird. Sie addiert auch eine Menge düsterer Atmosphäre zu dem Film, der mit vielen kleinen Details wie der Technik und Film-Bezügen auch sehr gut das Zeitkolorit der 80er traf. Zudem besitzt der Film zwar ein paar kleine Längen, jedoch auch insgesamt ein hohes Tempo. Spannend ist Deadly Games ohnehin, auch wenn dem Drehbuch insgesamt etwas mehr Tiefe gutgetan hätte. Wenn man den Film mit anderen Home-Invasion-Filmen vergleicht, gehört er jedoch zum Besten, was das Genre zu bieten hat.

Die Villa der de Fremonts

Die Schauspieler, für Frank    reich ja schon fast ein Markenzeichen, spielen wirklich gut. Floersheims Psychopath dürfte wohl zu den besten Bösewichten der 80er und des französischen Horrorfilms zählen. Alain Musy heißt eigentlich Alain Lalanne und ist der Sohn des Regisseurs. Er überzeugt als Thomas, er spielte danach noch zwei weitere Rollen und gab dann die Schauspielerei auf. Seit dem Thriller Dedales, ebenfalls von Rene Manzor inszeniert, ist er Projektmanager von visuellen Effekten, und arbeitete in dieser Funktion u.a. bei Edge of Tomorrow, Avatar – Aufbruch nach Pandora und San Andreas mit.

Fazit

Deadly Games hat neben guten schauspielerischen Leistungen und einem prächtigen Set sehr viel Atmosphäre, Spannung und Tempo zu bieten. Deshalb ist er zu Recht ein Kultfilm und Klassiker des Home-Invasion-Genres.

 

Bewertung

Spannung Rating: 4 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  Rating: 2 von 5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: Deadly Games © Alive Vertrieb und Marketing

Horrorfilme sind eines der Genres des Films, den ich in seiner Gesamtheit seit meiner frühesten Kindheit und der ersten Begegnung mit den Kreaturen des Ray Harryhausen fast schon abgöttisch liebe. Im Horrorfilm taucht der Zuschauer nicht nur bis zu den Abgründen der menschlichen Seele, sondern häufig weitaus tiefer.

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