Hereditary Paimons Symbol
Abgründe

Hereditary (2018) – Paimons Symbol – Schmuck&Symbol

Film gesehen? Ist dir dabei die Kette ins Auge gesprungen? Wenn nicht, dann hast du jetzt ein Aha-Erlebnis.

Spoiler-Alarm für Hereditary und auch für Rosemarys Baby!

Ich analysiere gerne Schmuckstücke in Filmen. Dabei geht es mir um mehr als eine Kette oder einen Ring. Mich interessiert was steckt dahinter, wie wird Schmuck in Filmen eingesetzt, und welche neuen Infos kommen dabei an die Oberfläche. Ob Narben, Tätowierungen, bestimmte Symbole oder spezifische Schmuckstücke, oder Steinchen, alles wird von meinem Adlerauge unter die Lupe genommen.

Filmzusammenfassung schnell erklärt:

Hereditary (übersetzt: erblich) wurde von Ari Aster 2018 gedreht, wie du siehst, blutfrisch aus dem Kino. Es geht um Annie, gespielt von Toni Colette und ihrer Familie. Der Plot beginnt mit der Beerdigung ihrer Mutter. Eine Mutter, die für sie emotional nie greifbar war und von der sie so gut, wie nichts weiß. Die Familienverhältnisse sind schwierig. Ihre 14-15 Jahre alte Tochter Charlie (Milly Shapiro) leidet an einen genetischen Defekt und wurde, mehr oder weniger, von Annies Mutter groß gezogen. Dementsprechend ist auch die Beziehung zwischen Annie und Charlie. Mit ihrem fast erwachsenen Sohn Peter (Alex Wolff), konnte sie auch keine Nähe aufbauen. Und ihr Ehemann (Gabriel Byrne) ist die gute Seele des Hauses, der die meiste Zeit sein Leid still in sich hinein frisst.

Als Charly, ihre Tochter, zu Tode kommt, entzweit sich die Familie gänzlich. Auf dem Weg zu ihrer Selbsthilfegruppe lernt sie eine Frau kennen, mit der sie sich im Leid verbunden fühlt. Sie freundet sich mit ihr an und fasst vertrauen. Als Annie sie, einige Zeit später wieder trifft, erzählt die Frau ihr, vor Glück überströmend, dass sie eine Möglichkeit gefunden hat, mit ihrem verstorbenen Enkel in Kontakt zu treten. Annie ist skeptisch, es stellt sich heraus, dass übernatürlich Kräfte am Arbeiten sind. Die Frau gibt ihr eine Anleitung mit, um ihre Tochter Charlie aus dem Jenseits zu beschwören.

Annie und ihre Familie sind in einen magischen Zirkel verstrickt, ohne es zu wissen.  Der Hexenzirkel hat es sich zur Aufgabe gemacht, Paimon, den dämonischen Herrscher der Hölle, zu reinkarnieren. Annies Kinder sind die Gefäße, die dafür herhalten müssen, und ihre verstorbene Mutter, ist eine der Oberhexen. Indem Annie das Ritual vollzieht, tappt sie in die Falle. Sie beschwört Paimon und besiegelt so das endgültige Schicksal ihrer Familie.

Die Halskette in Hereditary

Schon in den ersten fünf Minuten des Films wirst du das erste Mal ein Symbol wahrnehmen. Als Annie die merkwürdige Gedenkrede über ihre Mutter abhält, trägt sie eine Halskette, die auch ihre aufgebahrte tote Mutter um den Hals trägt. Die Kette wird noch mal im Detail gezeigt und verweist darauf, wie wichtig sie, das Symbol, für den weiteren Plot sein wird. Annie wird diese Kette nie wieder im Film tragen und ihr ist auch nicht bewusst, was sie bedeutet.

Weshalb trägt Annie die Kette bei der Beerdigung?

Ich erkläre mir Annies Verhalten folgendermaßen. Sie hat das Schmuckstück unter den  Habseligkeiten ihrer Mutter entdeckt und dachte es wäre ein Erbstück. Sie möchte eine Verbindung mit ihr schaffen, die sie im echten Leben niemals hatte. So kann sie ihrer Mutter, immerhin im Tod, ein Stückchen näher sein. Bis zur letzten Szene wird dich das Symbol ab jetzt begleiten.

Hereditary Paimons Symbol
Annie auf der Beerdigung um den Hals trägt sie die Kette
Hereditary Paimons Symbol
Die Mutter von Annie trägt die gleiche Kette

Das Symbol: wer ist Paimon?

Das Zeichen, welches Annie und ihre Mutter um den Hals tragen, ist das Symbol von Paimon. Paimon ist ein dämonischer Engel und Mitherrscher der Hölle. Bereits in Texten aus dem 14. Jahrhundert wird er erwähnt. In den Zauberbüchern der Schwarzen Magie, der Goetia, 17. Jahrhundert, sind Beschwörung und Beschreibung von 72 Geistern und Dämonen enthalten, darunter auch Paimon.

Wichtig ist, dass das Symbol ein Siegel ist, um den Dämon heraufzubeschwören. Es ist der Türöffner für Paimon, das ihm ermöglicht, in unsere Welt überzutreten.

Paimon erscheint in einer männlichen Gestalt, gekrönt und sitzend auf einem Dromedar. Vor ihm eine Truppe von Geistern und Menschen, die mit Zimbeln und Trompeten musizierend seinen Weg begleiten. Er ist in allen Wissenschaften und der Hexerei belesen, als auch Befehlsherr von 200 Geistern und Herrschern. Um auf die Erde zu kommen, benötigt er ein Opfer.

Paimons Opfergaben

Für den Film wurde das reale Zeichen von Paimon ein wenig adaptiert. Anstatt 4 symmetrischer Formen sind 3 abgebildet. Sie stehen für:

  1. die Mutter von Annie
  2. Annie selbst
  3. und ihre Tochter Charlie

Sie sind das Opfer, das erbracht werden muss, um das Tor zu öffnen und Paimon wieder auf die Erde zu bringen.

Paimons Siegel
Abbildung von Paimons Siegel aus der Goetia
Paimons Symbol in Hereditary
Paimons Symbol Nahaufnahme

Eine überaus befremdliche Szene markiert den Beginn der Opferung. Als Charlie im Schulhof ist, schneidet sie einer toten Taube mit einer Schere den Kopf ab und steckt ihn in die Tasche. Als sie zuhause ist, fällt ein Lichtreflex in ihr Zimmer, sie folgt ihm nach draußen. In beiden Händen hält sie den Kopf der toten Taube gleich einer Opfergabe. Dabei sind mir die Finger von Charlie aufgefallen, es sind kleine Plastikfäden oder Kabelbinder, die sie an den Fingern der rechten und linken Hand rundum gebunden hat. Mich erinnert das stark an eine Straßentaube, die irgendwelchen Müll um die Beine gewickelt hat. Möglicherweise spielte Ari Aster genau darauf an. Denn Charlie ist die Taube, es ist ihr Kopf der rollen wird.

Hereditary - Paimons Symbol
Charlie trägt Kabelbinder an den Fingern

Die Verschwörung: alles geplant

Alles ist vom Hexenzirkel bis ins kleinste Detail geplant worden, nur Annie und ihre Familie sind ahnungslos. Nicht nur der Tod von Charlie ist klar vorgegeben, sondern auch wo und wie Charlie sterben wird. Als ihr Bruder sie gezwungenermaßen mit auf die Party nimmt, sieht man bei der Hinfahrt einen Mast an der Straßenseite, der das Zeichen von Paimon eingeritzt hat. Genau dieser Mast ist die Todesursache von Charlie.

Hereditary Paimons Symbol
Paimons Symbol auf dem Pfosten

Im Laufe der Handlung wird die Verschwörung immer offensichtlicher

Als Annie nach Antworten in den Habseligkeiten ihrer Mutter sucht, fällt ihr ein Buch in die Hände, das Paimons Symbol auf dem Cover eingeprägt hat. Endlich sieht sie sich auch die Fotos an, auf denen ihre Mutter mit Mitgliedern des Hexenzirkels zusammen ist. Die „gute Freundin“ von Annie entpuppt sich als die beste Freundin ihrer Mutter und weitere Oberhexe. Beide tragen auf einem Foto die gleichen Halsketten mit Paimons Zeichen. Ein weiteres Buch zeigt jetzt endlich Paimon und offenbart die weiteren Pläne des Zirkels. Paimon sitzend auf seinem Dromedar, hält drei abgetrennte menschliche Köpfe an den Haaren fest. Als sie den Text liest, wird Annie klar, dass ihr Sohn als nächster an der Reihe sein wird, denn er ist das zukünftige Gefäß für den Dämon.

Hereditary Paimons Symbol
Paimons Symbol auf dem Bucheinband
Hereditary Paimons Symbol
Annies Mutter mit der Oberhexe, beide tragen das Symbol
Hereditary Paimons Symbol
Textpassage zu Paimon

Dieses Verschwörungsszenario erinnerte mich übrigens an Rosemarys Baby und ich wette darauf, dass der Regisseur den Film von Roman Polanski intensiv studiert hat.

Bestimmte Ähnlichkeiten sind nicht zu übersehen:

  1. Schmuck ist zentral: er symbolisiert die Verschwörung die dahinter steckt
  2. Antichrist oder höllischer Dämon, der reinkarniert werden muss
  3. Menschliches Gefäß wird benötigt
  4. Hexenzirkel, der alles geplant hat
  5. Ein Familienmitglied steckt mit dem Zirkel unter einer Decke. Bei Rosemary ist es Guy, ihr Ehemann, hier die Mutter von Annie
  6. Außenstehende Person gewinnt das Vertrauen, die in Wahrheit die Oberhexe ist: Rosemarys Baby, die Nachbarn Castevets, und in Hereditary die beste Freundin der Mutter
  7. Annie als auch Rosemary sind nicht eingeweiht, sondern lediglich Mittel zum Zweck
  8. Das Schmuckstück deckt die Verschwörung auf. Der Anhänger in Rosemarys Baby (Tanniswurzel) und in Hereditary Paimons Siegel – Zuerst Schmuck, dann Zeichen
  9. Übrigens auch die Markierung im Buch, die textuelle Untermauerung, findet sich in Rosemarys Baby als auch Hereditary wieder. Genaueres folgt in einer Filmanalyse über Rosemarys Baby

Für uns als Zuseher ist das Zeichen von Paimon auch Verständnisschlüssel für die Handlung. Es zementiert die Verschwörung, die dahinter steht und dass ein ganzer Hexenzirkel alles geplant hat. Zusammen mit den Text- und Bildhinweisen aus den Büchern wird der Schlüssel für uns offengelegt, wie der Dämon gerufen werden kann. Das Zeichen steht für die drei verwandten Frauen und ihre Köpfe, die am Ende rollen müssen. Das Zeichen wird geschickt mit einer Symbolik dahinter verknüpft, denn es ist auch der Schlüssel, um den Titel zu verstehen: Hereditary – erblich.

Das Muttermal

Auch ihr Sohn muss sterben. Es ist nicht sein Kopf, sondern seine Seele die Paimon möchte, deshalb sind auf den gezeichneten Bildern der „Geistercharlie“, durchgestrichene Augen auf den Zeichnungen abgebildet. Dass es sich um den Bruder von Charlie, Peter, handelt, zeigt das Muttermal, das sich auf der linken Seite, etwas über der Oberlippe befindet. Das Muttermal macht es möglich, Peter genau zu identifizieren. Denn es ist nicht der Vater der Familie den Paimon möchte, sondern das jüngere männliche Exponat Peter.

Hereditary Paimons Symbol
Peters Muttermal, Identifikation
Hereditary Paimons Symbol
Geistercharlie zeichnet ihren Bruder, das Muttermal ist gut zu erkennen

Wie du gesehen hast, sind die Schmuckstücke und Symbole, die eingesetzt werden von zentraler Bedeutung für die filmische Handlung. Nach meinem persönlichen Geschmack, kam das Zeichen des Dämons ein wenig zu viel zum Einsatz. Ich glaube, dass Ari Aster damit sichergehen wollte, dass er auch zu 100 Prozent verstanden wird und sich das Zeichen in unseren Hirnwindungen einprägt. Was er geschafft hat.

Der Film macht übrigens besonders Vergnügen, wenn man sich mit den Hintergründen von Paimon ein wenig auseinandersetzt, dadurch erklärt sich der Einsatz der Musik an bestimmten Stellen und auch das Ende, das recht schräg anmutet. Mir persönlich hat es ein Lächeln auf die Lippen gezaubert und ich bin zufrieden aus dem Kino gegangen.

Der Beitrag erschien zum ersten Mal auf talkingabout-schmuck.

Bildquelle: Hereditary © Splendid Film

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