Wildling
Kritik

Wildling (2018) – Review

„Möchtest du eine Geschichte hören? Möchtest du, dass ich dir etwas über den Wildling erzähle? Seine Zähne sind lang und spitz …“ erzählt ‚Daddy‘ der kleinen Anna …

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Wildling
USA
92 Minuten
Fritz Böhm
Fritz Böhm, Florian Eder
Bel Powley, Liv Tyler, Brad Dourif u.a.

Inhalt

Die kleine Anna lebt auf einem Dachboden, von dessen vergitterten Fenster aus sie den naheliegenden Wald sehen kann. Ein Mann, der sich Daddy (Brad Dourif, Chucky – Die Mörderpuppe) nennt, kümmert sich wie ein Vater um sie, ernährt sie, pflegt sie, liest ihr vor, aber nur, um sie danach wieder einzuschließen. Angeblich macht er das, um sie vor dem Wildling zu schützen, einer mysteriösen Bestie mit scharfen Krallen und einem Appetit auf kleine Kinder. Außerdem, so erklärt er ihr, gibt es dort draußen niemanden, es gibt nur sie und ihn. Als sie zu einer Teenagerin (Bel Powley, The Diary of a Teenage Girl) herangewachsen ist, beginnt er, sie gegen ihre „Krankheit“ zu impfen. Eines Tages kommt er mit einer Pistole in den Kellerraum, um sie zu erschießen, was er aber nicht über sein Herz bringt – woraufhin er sich selbst in den Kopf schießt. Anna wird von Sheriff Ellen Cooper (Liv Tyler, The Strangers) entdeckt, welche sich daraufhin fürsorglich um sie kümmert und sie bei sich aufnimmt. Anna entdeckt die fremde Welt um sich herum und damit auch, wer und vor allem, was sie selbst ist, und wie fremd sie in der Welt der Menschen ist …

Kritik

Leider ist es nicht möglich, diese Kritik ohne Spoiler zu schreiben.

Bel Powley, Jahrgang 1992, mehrfach ausgezeichnet für ihre hervorragende Leistung in der Teenie-Tragikomödie The Diary of a Teenage Girl ist der Mittelpunkt von Wildling. Auch hier überzeugt sie in der Rolle der jugendlichen Anna. Wir erleben, wie Anna von einem Kleinkind zu einer jungen Frau heranwächst. Ihre Geschlechtsreife bedeutet für sie eine Metamorphose und lässt sie zu einer Bedrohung werden. Wenn Anna sich schließlich in das Wesen verwandelt, vor dem sie „Daddy“ gewarnt hat, in den Wildling, dann ist das als Metapher auf die erwachende weibliche Sexualität zu verstehen. Hierin ähnelt der Film thematisch Filmen wie Thelma, Ginger Snaps oder Raw. Dieses Thema und die ersten zwanzig Minuten gehören zu den Stärken des Films.

„Daddy“ (Brad Dourif) und die kleine Anna.

Ebenso positiv hervorzuheben sind Bel Powley und Brad Dourif, wobei der Golden Globe-Preisträger (für Einer flog über das Kuckucksnest) seine Szenen beherrscht. Seine Rolle als Antagonist des Films, als Mann, als Patriarch, ist von Beginn an eindeutig, als er die kleine Anna gefangen hält. Diese Szenen, die nur in dem Keller spielen, sind der beste Teil des Films und in seiner Intensität ähnelt Wildling hier dem Film Raum von Lenny Abrahamson. Leider verliert Wildling diese Intensität im gleichen Maße, wie sich die Welt für Anna erschließt.

Keine der Figuren, Figurenkonstellationen oder Handlungselemente, die folgen, können an die Qualität der ersten knapp zwanzig Minuten anknüpfen. Auch schauspielerisch vermögen es die anderen Akteure nicht, das Niveau der beiden Hauptdarsteller zu erreichen, sie bleiben ebenso wie ihre Charaktere blass. Das Potenzial, was das Grundgerüst der Geschichte bietet, bleibt leider ungenutzt, verliert sich im weiteren Handlungsverlauf in Klischees, gerät vorhersehbar, beliebig und letztlich unglaubwürdig.

Das Geschehen wird aus der Perspektive von Anna erzählt. Das bedeutet, dass Bel Powley den Film tragen muss, das gelingt ihr auch weitestgehend. Sie ragt heraus und hätte ein besseres Drehbuch verdient. Allerdings sagte sie selbst in Interviews, dass für sie die Rolle eine Herausforderung bedeutete und es ist fraglich, ob sie einen ähnlich gelagerten Charakter woanders hätte spielen können.

Bel Powley als Anna und Liv Tyler als Sheriff Ellen Cooper

Der Film sieht insgesamt visuell sehr gut aus und bietet einige atmosphärische Bilder, die für manches entschädigen. Man muss Fritz Böhm auch zugutehalten, dass es sein Spielfilm-Debüt als Regisseur und Drehbuchautor ist, daher vielleicht auch das Quäntchen Erfahrung fehlt, um dem Skript mehr Handlungsdichte und den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen. Das Potenzial ist fraglos vorhanden.

Fazit

Wildling besitzt mit Bel Powley und Brad Dourif, dem Charakter Anna, den ersten zwanzig Minuten und seiner Optik einige Stärken. Leider jedoch auch viele Schwächen, die den Film seiner Substanz berauben und zu biederem Genre-Durchschnitt werden lassen.

 

Bewertung

Spannung Rating: 2 von 5
Atmosphäre Rating: 3 von 5
Gewalt  Rating: 2 von 5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: Wildling © Capelight

Horrorfilme sind eines der Genres des Films, den ich in seiner Gesamtheit seit meiner frühesten Kindheit und der ersten Begegnung mit den Kreaturen des Ray Harryhausen fast schon abgöttisch liebe. Im Horrorfilm taucht der Zuschauer nicht nur bis zu den Abgründen der menschlichen Seele, sondern häufig weitaus tiefer.

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