Der Todesengel aus der Tiefe
Kritik

Der Todesengel aus der Tiefe (2001) – Review

1905. Von Irland aus nach Amerika: ein klaustrophobisches Schiffs-Setting, Carla Gugino (Stephen Kings Das Spiel) & Rufus Sewell (Dark City) als Schausteller-Paar, im Gepäck: eine gar nicht so kleine Meerjungfrau, kreiert von Stan Winstons Studio.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Mermaid Chronicles Part I: She Creature
USA
91 Minuten
Sebastian Gutierrez
Sebastian Gutierrez
Rufus Sewell, Carla Gugino, Jim Piddock u.a.

Vor über hundert Jahren irgendwo in Irland. Angus Shaw (Rufus Sewell, The Man from High Castle) zieht als Leiter einer Freak-Show über die Märkte. Neben einem Zombie gehört auch eine Meerjungfrau zu seinen Freaks. Natürlich handelt es sich weder um einen echten Zombie, der quicklebendig ist und zur Schaustellertruppe gehört, noch um eine echte Meerjungfrau, denn die heißt eigentlich Lilian (Carla Gugino, Watchmen – Die Wächter), ist eine normale Frau und mit Angus verheiratet. Da besucht der ehemalige Seemann Woolrich (Aubrey Morris, The Wicker Man) ihre Show, in der Befürchtung, eine echte Meerjungfrau vorzufinden. Ebenso erleichtert wie enttäuscht lädt er das Paar in seine Residenz ein, wo er ihnen von den Meerjungfrauen erzählt. Die beiden glauben zunächst, dass ihnen der alte, zurückgezogen lebende Seemann ein Seemannsgarn auftischt, da zeigt er ihnen ein riesiges Aquarium, in dem eine richtige Meerjungfrau schwimmt. Wieder daheim lässt diese Entdeckung Angus keine Ruhe, der in der Kreatur ein Riesengeschäft wittert. Zusammen mit ein paar Kollegen sucht er Woolrich daraufhin auf, um diesem einen Handel vorzuschlagen, doch der lehnt ab, bei dem folgenden Streit verstirbt der alte Seemann infolge eines Herzinfarkts. Kurzerhand greifen sich die Männer die Meerjungfrau und verfrachten sie auf ein Schiff, dass die Schausteller nach Amerika bringen soll. Seiner Frau erklärt Angus, Woolrich hätte dem Geschäft zugestimmt und auch die Seeleute wissen nichts von der mysteriösen Fracht. Die Kreatur übt einen eigenartigen Reiz auf die Schausteller und vor allem Lilian aus, die von der Meerjungfrau regelrecht fasziniert ist. Da bedrängt einer der Matrosen Lilian und macht ihr gegenüber einige Andeutungen. Wenig später befindet sich die Meerjungfrau frei an Deck und der Matrose ist verschwunden, was nur der erste Zwischenfall sein soll. Und dies ist lediglich der Anfang einer Reise in den Schrecken …

26 Jahre lang produzierte die Independent-Filmschmiede American International Pictures Filme, vorrangig Horrorfilme, neben den legendären Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Vincent Price zählten hierzu auch Monsterfilme. 2001 zollte der zu HBO gehörige Sender Cinemax mit sechs eigenständigen Creature Features dem Studio und seinen Monsterfilmen mit einer Filmreihe Tribut. Der Todesengel aus der Tiefe ist der erste Film dieser Reihe. She Creature trägt zwar wie die anderen Filme den Original-Titel (obgleich mit dem Zusatz Mermaid Chronicles Part 1), ist aber kein Remake von Geschöpf des Schreckens, wie der 1956 veröffentlichte Vorgänger in Deutschland heißt. Als Produzent des für ein Budget von gerade einmal einer Million US-Dollar produzierten Films wirkten u.a. der AIP-Mitbegründer Samuel Z. Arkoff (Das Pendel des TodesDressed to Kill) und dessen Sohn Lou Arkoff (Der Fluch von Darkness FallsThe Messengers) sowie Effekte-Guru Stan Winston (Aliens – Die RückkehrTerminator 2).

Der Film gilt als der beste aus dieser Reihe, wurde als bester TV-Film u.a. für den prestigeträchtigen Saturn Award nominiert und hat gerade für sein schmales Budget einiges zu bieten. Sebastian Gutierrez (Snakes on a PlaneGothika) schrieb und drehte den Film.

She Creature

Im Mittelpunkt des Geschehens steht die psychologisch vertiefte Beziehung der beiden hervorragend gespielten Hauptfiguren. Lilians Fokus verschiebt sich hierbei allmählich von ihrem Ehemann hin zu der Meerjungfrau und aus der anfänglichen Faszination wird bald mehr als reine Sympathie. Gutierrez nimmt sich sehr viel Zeit, um die Dreierbeziehung aufzubauen, zu eskalieren und Haupt- wie Nebencharaktere in ihr Verderben zu stürzen. In diesen Szenen hat der Film seine stärksten Momente. Die Nebencharaktere sind zwar lediglich grob skizziert, von den eher unbekannten Schauspielern jedoch ebenso ernsthaft wie solide gespielt. Dafür wurde die Kreatur mit einer mythologischen Hintergrundgeschichte versehen, die zudem gekreuzt mit einer anderen Spezies, fernab üblicher Klischees verläuft. So entwickelt sich die „kleine“ Meerjungfrau sowohl psychisch als auch physisch zu einer Kreatur, mit der man weder baden, noch auf einem derart engen Raum wie einem Segelschiff eingepfercht sein möchte. Und das Schiffs-Setting ist für das Geschehen geradezu prädestiniert; nicht nur, dass das die Besatzung und Passagiere umgebende Element jenes der Kreatur ist, das Schiff bietet darüber hinaus keinen Platz zur Flucht und somit gerät die Situation schon bald schier ausweglos. Das Schiff als Mittelpunkt des Hauptteils der Handlung wirkt zwar teilweise etwas zu sauber und neu, bietet aber darüber hinaus ein hochgradig atmosphärisches Setting für die Haupthandlung. Die vorzügliche Kameraarbeit trägt einiges dazu bei, um die Atmosphäre an Bord stetig bedrohlicher werden zu lassen. Die Kreatur aus Stan Winstons Studio ist sehenswert. Dabei verzichtete Gutierrez auch nicht auf ein dem Medium geschuldet reduziertes Maß blutiger Effekte. Die Gewalt eskaliert auch erst in den letzten fünfzehn Minuten, bis dahin betreibt der Film überwiegend Spannungsaufbau; auch wenn die Handlung hin und wieder Leerlauf sowie Logiklöcher offenbart und Gutierrez einige Klischees bemüht. Dafür ragen jedoch sowohl Kostüme wie Ausstattung heraus.

Der Film spiegelt die Atmosphäre klassischer Gruselfilme wider und enthält einige Referenzen an das Horror-Kino vergangener Tage, womit Gutierrez seine Hauptaufgabe, eine Hommage zu drehen, erfüllte. Der Todesengel aus der Tiefe ist nicht fehlerfrei und wer Gründe finden möchte, um den Film zu kritisieren, wird sie finden. Auch wer modernes Effekte-Kino oder reichlich Blut und Leichen erwartet wird enttäuscht. Aber Mermaid Chronicles Part 1: She Creature bietet wie beschrieben genügend Gründe, um ihn zu mögen. Nachdem ich ihn innerhalb einiger Jahre zum zweiten Mal gesehen habe, muss ich festhalten, dass er mir weiterhin besser gefällt als die meisten anderen Monsterfilme.

 

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  Rating: 2 von 5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: Der Todesengel aus der Tiefe © Columbia Tristar Home Entertainment

Horrorfilme sind eines der Genres des Films, den ich in seiner Gesamtheit seit meiner frühesten Kindheit und der ersten Begegnung mit den Kreaturen des Ray Harryhausen fast schon abgöttisch liebe. Im Horrorfilm taucht der Zuschauer nicht nur bis zu den Abgründen der menschlichen Seele, sondern häufig weitaus tiefer.

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