A Dark Song
Kritik

A Dark Song (2016) – Review

 

A Dark Song ist ein irischer Indie-Horror, der seinen gesamten Fokus auf das Beschwörungsritual legt. Erfahrt hier, wieso ihr euch das unbedingt ansehen solltet.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

A Dark Song
Irland, Großbritannien
100 Minuten
Liam Gavin
Liam Gavin

Nach einem schweren Verlust zieht sich die trauernde Sophia in ein abgelegenes Herrenhaus zurück. Jedoch nicht um in Ruhe zu trauern, sondern um mit Hilfe des Okkultisten Joseph Solomon ein gefährliches Ritual durchzuführen, welches über Monate andauernd kann. Dabei werden beide an ihre Grenzen getrieben und darüber hinaus…

Volle Konzentration auf kabbalistische Rituale

Ist bei anderen Filmen das Ritual nur Mittel zum Zweck, so steht hier das Ritual ganz im Mittelpunkt. Dies macht einen großen Reiz des Filmes aus. Nicht wie bei sonstigen übernatürlichen Geisterbeschwörungsfilmen, wo die Beschwörung kurz mit ein paar Sprüchen aus einem alten Buch oder etwas rumhantieren auf einem Holzbrett ausreicht, um düsteren Gestalten Einlass in unsere Welt zu ermöglichen, steht hier das mühselige und über Monate andauernde Ritual vollkommen im Fokus.

Dies ist auch umso faszinierender als der Film uns über weite Strecken im unklaren lässt, ob das Ritual wirklich funktioniert, Solomon Sophia einfach nur ausbeuten will oder beide schlichtweg komplett den Verstand verloren haben. Gerade durch die Realitätsnähe des Rituals bleiben alle Varianten sehr lange plausibel, was zumindest mich mehr in die Handlung einbezog, da ich ständig dabei war neue Informationen abzuwiegen und abzuschätzen in welche Richtung dies jetzt nun gehen mag.

Aleister Crowley

Und man muss den Machern bei der Gestaltung des Rituals auf jeden Fall Tribut zollen. Denn dabei handelt es sich um authentisches Ritual, welches ursprünglich aus einem kabbalistisch-magischen Buch namens Abramelin stammt. Dieses erlangte größere Berühmtheit als es vom Hermetic Order of the Golden Dawn einer esoterischen Geheimgesellschaft übersetzt wurde, welcher auch Aleister Crowley angehörte. Genau dieser experimentierte mit Hilfe des Buches mit der Beschwörung von Schutzengeln und auf exakt diesen Experimenten basiert schlussendlich auch das magische Ritual in A Dark Song. Crowley zählt zu den größten und kontroversesten Okkultisten und beeinflusste magische Gesellschaften nachhaltig. So gilt er zum Beispiel auch als Vorreiter der Wicca-Bewegung und des modernen Satanismus nach Anton Szandor LaVey.

Die Beschwörung als Kammerspiel

Angelegt ist das Ritual als Kammerspiel. Es dreht sich alles um die zwei Protagonisten im Kampf gegen äußere und innere Dämonen. Und dieser Kampf ist ein Traum. Wenn ich hier Wer hat Angst vor Virginia Woolf in den Raum schmeiße, dann ist das zwar sicher zu viel der Ehre, aber es gibt doch einen Eindruck, welche Naturgewalten hier aufeinander stoßen. Wir haben es nicht mit einer Täter-Opfer-Konstellation zu tun, sondern mit zwei impulsiven, starken Persönlichkeiten, die sich nichts schenken und sich gegenseitig an ihre Grenzen treiben. Und es ist ein Genuss ihrem Treiben zuschauen zu dürfen. Was den grandiosen Leistungen von Catherine Walker (Dark Touch) und Steve Oram (The Canal) zuzuschreiben ist.

A Dark Song
Steve Oram und Catherine Walker bei Beschwörungsvorbereitungen

Der Vergleich mit Elizabeth Taylor und Richard Burton aus Wer hat Angst vor Virginia Woolf drängte sich mir auch dadurch auf, dass während des Großteils des Films die Drama-Aspekte deutlich überwiegen und ich zeitweise wirklich das Gefühl hatte einem alten verbitterten Ehepaar zuzuschauen, dass aus der selbstgeschaffene Hölle nicht mehr raus kann und auch gar nicht mehr will. Liam Gavin schraubt die Drama-Anteile zu Gunsten des Horrors erst sehr spät herunter. Es dauert bis zum Finale bis der Film sich auch endgültig im Horrorgenre platziert.

Dass der Film dennoch eine sehr beklemmende Atmosphäre entwickelt, liegt zu einem großen Teil auch an der tollen Location. Es ist beeindruckt was Liam Gavin und sein Team daraus machen und wie geschickt sie den einen Drehort in Szene setzen. Das Haus wirkt unheimlich, mysteriös, klaustrophobisch und auf irgendeine Art auch einfach bedrohlich. Insbesondere im weiteren Verlauf des Rituals fühlte ich mich selbst als Zuschauer in dem Haus zusehends unwohl und das rechne ich Gavin wirklich hoch an.

A Dark Song gelingt es nach dem 100sten Beschwörungsfilm nach Schema F dem Subgenre endlich wieder neue Facetten abzugewinnen. Natürlich entfaltet sich der Film nur äußerst langsam und alle mit einer geringen Aufmerksamkeitsspanne werden wohl bei Ouija und Co. besser aufgehoben sein. Bei mir traf das subtile Horrordrama allerdings einen Nerv. Allein das Ende trübt für mich etwas den Gesamteindruck. Hätte ich mir nach dem langsamen, zermürbenden Aufbau doch eher einen nihilistischen Knall gewünscht. Nichtsdestotrotz ist A Dark Song ein stark geschriebener, grandios gespielter und in wunderschönen Bildern eingefangener Genrebeitrag, den ich nur allen ans Herz legen kann.

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  Rating: 1 von 5
Ekel  Rating: 0 von 5
Story  Rating: 4 von 5

Bildquelle: A Dark Song © Samson Films / Tall Man Films

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Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?