I Am the Pretty Thing That Lives in the House
Kritik

I Am the Pretty Thing That Lives in the House (2016) – Review

Oz Perkins liefert mit I Am the Pretty Thing That Lives in the House seinen zweiten Film nach The Blackcoats Daughter ab und damit einen der ungewöhnlichsten Spukhaus-Filme seit langem.

Originaltitel:
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Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

I Am the Pretty Thing That Lives in the House
Kanada/USA
89 Minuten
Oz Perkins
Oz Perkins

Eine konventionelle Geistergeschichte?

The Pretty Thing ist die zweite Regiearbeit von Oz Perkins nach The Blackcoats Daughter. Glücklicherweise hat dieser Netflix auf Perkins aufmerksam gemacht, wodurch sein neuer Film mit Zusage voller kreativer Freiheit vom Streaming-Dienst finanziert wurde. Dies beweist auch wieder wieso Netflix einer der interessantesten Player derzeit auf dem Markt ist, wenn es darum geht innovatives Material auf die Bildschirme zu bringen.

Dabei ist The Pretty Thing auf den ersten Blick eine höchst konventionelle Haunted-Haus-Geschichte. Die Hospizpflegerin Lily kommt in das alte Haus einer kranken Horror-Schriftstellerin, um dort wohnend diese zu pflegen. Selbstverständlich hat das Haus eine bewegte Geschichte und den einen oder anderen brachialen Mord hinter sich. Als Lily beginnt ein ganz besonderes Buch der Autorin zu lesen, vermischen sich zusehends die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, zwischen Diesseits und Jenseits.

So fühlt sich ein Spukhaus an

Die stimmungsvolle Einleitung hauptsächlich bestehend aus einer leicht verschwommenen Dame im Dunkeln, begleitet von Ruth Wilsons angenehmer Stimme, die uns in sehr poetischer Weise die Eigenheiten von Spukhäusern erläutert, zeigt schon eindeutig in welche Richtung Perkins hier gehen wird. Denn die Story mag zwar altbacken sein, aber was uns Perkins hier serviert, ist es definitiv nicht.

Schon zu Beginn legt The Pretty Thing offen wie er enden wird und ohne spoilern zu wollen: das ist genau das was auch passieren wird, ohne große Überraschung, ohne Shyamalan-Twist. Perkins reduziert die Story auf das Mindeste, auf die Grundpfeiler jeder Spukhaus-Geschichte. Der Kopf ist somit frei sich ganz auf die Eindrücke zu konzentrieren.

Mit der Verankerung der Geschichte in einem fiktiven Roman übernimmt der Film auch einen „romanhaften“ Stil. Die Kamera ist sehr statisch und gerade bei der visuellen Unterlegung der Erzählungen, welche stark im Vordergrund stehen, hatte ich oftmals das Gefühl in ein impressionistisches Stillleben einzutauchen. In zyklischen Bildabläufen versucht uns Perkins nicht die Geschichte eines Spukhauses zu erzählen, sondern uns dieses fühlen zu lassen. So werden viele Dinge vorweg genommen, die sich erst später zu einem runden Ganzen zusammenfügen und das wundervolle Sounddesign, insbesondere der ständig prasselnde Regen, erzeugt eine natürlich-fatalistische, melancholische Atmosphäre, welche wunderbar mit der sehr trägen, nicht vom Fleck kommenden Geschichte harmoniert.

Getragen wird dies hauptsächlich von der sehr nuancierten Darstellung von Ruth Wilson mit deren Voice Acting der Film steht und fällt.  Ich bin im Normalfall ja alles andere als ein Freund von Voice-Over, aber Frau Wilsons Stimme hätte ich mir durchaus noch länger anhören können und was am Wichtigsten ist: das Voice-Over wurde nicht eingesetzt, um Schwächen im Storytelling zu kaschieren, sondern weil es formal Sinn ergibt.

I Am the Pretty Thing That Lives in the House

Ambitioniertes Projekt mit leichten Schwächen

Natürlich ist dieses Projekt von Oz Perkins äußerst ambitioniert und kann nicht zu jedem Zeitpunkt seinen hehren Zielen gerecht werden. Hin und wieder ist der Film schon zu nah an konventionellen Haunted-House-Filmen, die sehr träge Erzählung kann die Stimmung und Spannung nicht zu jedem Zeitpunkt aufrechterhalten und das Finale hatte auch nicht die Intensität, die ich mir nach diesem langsamen Aufbau gewünscht hätte.

Horrorfans werden sich mitunter sowieso mit The Pretty Thing, der irgendwo zwischen Edgar Allan Poe und impressionistischen Gemälden einzuordnen ist, schwer tun, da er eben unfassbar langsam ist und auf Schockmomente fast vollständig verzichtet. Wer jedoch auf Schauerromane steht und auch langsamen Gruslern etwas abgewinnen kann, könnte hier durchaus gut unterhalten werden. Denn Oz Perkins zweiter Film mag vieles sein, ein konventioneller Haunted-House-Horror ist er definitiv nicht.

 

Bewertung

Spannung Rating: 2 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt  Rating: 0 von 5
Ekel  Rating: 0 von 5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: I Am the Pretty Thing That Lives in the House © Netflix

Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?