The Mummy
Kritik

Gastbeitrag: Die Mumie (2017) – Review

Universals klägliches Reboot von einem der besten Gruselfilme aller Zeiten, welches sogar Stephen Sommers B-Movie-Trilogie gut aussehen lässt.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

The Mummy
USA
110 Minuten
Alex Kurtzman
David Koepp, Christopher McQuarrie, Dylan Kussman, Jon Spaiths, Alex Kurtzmann, Jenny Lumet

Universals Dark Universe

Universal hat sich große Ziele für die kommenden Jahre gesetzt. Sie wollen, ganz im Stile des MCU (Marvel Cinematic Universe), ein eigenes Filmuniversum kreieren, welches die klassischen Filmmonster wie Die MumieDraculaDer Glöckner von Notre Dame etc. miteinander vereint. So bekommt jedes Monster eine Generalüberholung spendiert, um sie anschließend in einem groß angelegten Mash-Up-Film aufeinander treffen zu lassen. Das klingt, auf den ersten Blick betrachtet, nach einer interessanten Idee, da vor allem jüngere Kinobesucher mit dem klassischen Stoff der legendären „Universal Monsters“ wenig bis gar nichts anfangen können. Filmliebhaber und Kenner der Originale rümpfen schon verächtlich die Nase, was Universal jedoch nicht davon abhält ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Den Anfang macht, trotz einiger Neuauflagen bekannter Stoffe wie The Wolfman oder Dracula, das Reboot des 1932 erschienenen Die Mumie, welcher damals noch mit der Schauspiellegende Boris Karloff besetzt wurde und 1999 (sowie einigen diversen Interpretationen davor) unter der Leitung von Stephen Sommers (der auch schon beim Spin-Off Van Helsing Regie führte) zu einem waschechten Abenteuer-Film verwurstet wurde. Dieses Mal nahm Alex Kurtzman das Zepter in die Hand und lässt Hollywood Tausendsassa Tom Cruise als Upgrade-Version von Brendan Fraser gegen „Kingsman: The Secret Service“-Amazone Sofia Boutella antreten.

Grauenvoll trotz Cruise-Action

Ich will gar nicht um den heißen Brei herum reden. The Mummy ist grauenvoll. Und das obwohl der Film durchaus zu unterhalten weiß – zumindest in bestimmten Punkten. Tom Cruise beispielsweise macht wieder einen recht passablen Job. Nach der doch recht bescheidenen Fortsetzung des Überraschungshits Jack Reacher, von dem ich mehr als enttäuscht war, hat Cruise wieder zu seiner üblichen Form zurückgefunden. Ich muss dazu sagen, dass ich Tom Cruise als Schauspieler sehr schätze. Collateral und Last Samurai gehören bis heute zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Hier spielt er wieder das selbstverliebte Arschloch mit dem Herz am rechten Fleck, wie auch schon in Krieg der Welten. Dabei beweist er durchaus eine Menge Humor und versprüht sogar einen ganz eigenen, gewissen Charme. Wenn man mal lachen konnte, was wirklich selten der Fall war, dann definitiv auf Cruises Kosten.

Was wäre ein „Tom Cruise“Film heutzutage ohne die nötige Action? Aus einem mir unerklärlichen Grund muss es in jedem seiner Filme immer knallen, zumindest seit den 90ern. Was kein Grund zum Meckern ist, denn wenn es kracht, dann aber richtig. Und genau darin liegt die Stärke des Films. The Mummy ist in Sachen Action eine wahre Freude.  Es wird geboxt, geschossen, erstochen, gerannt, Dinge fliegen durch oder in die Luft und der Flugzeugabsturz, welcher in wohl jedem Trailer zu sehen ist, gehört mit zu den atemberaubendsten Stunts des gesamten Films. Gedreht wurde übrigens tatsächlich bei kompletter Schwerelosigkeit. Die Crew und die Schauspieler haben in einem Flugzeug gedreht, welches den Parabelflug vollführt. Astronauten trainieren in eben solchen für den Flug ins All. „Chapeau!“, kann ich da nur sagen. Mir wird schon auf dem Freifall-Turm im Freizeitpark schlecht.

Tom Cruise, Annabelle Wallis in The Mummy
Annabelle Wallis und Tom Cruise in luftigen Höhen

Doch auch wenn Hollywoods Vorzeige-Scientologe der größte Namensgeber in The Mummy ist, spielt die eigentliche Hauptrolle, trotz geringerer Spielzeit, die algerische Schauspielerin Sofia Boutella. Sie konnte ja  schon in Filmen wie Kingsman: The Secret Service oder Star Trek Beyond beweisen, dass sie nicht nur schauspielerisches Talent besitzt, sondern auch noch kräftig austeilen kann. Mit ihr hat Kurtzman durchaus einen wahren Coup gelandet. Nicht nur weil die Rolle zum ersten Mal von einer Frau gespielt wird, und sich damit weit von einem eingestaubten Klischee befreit, sondern weil Boutella in jeder Hinsicht Cruise gegenüber ebenbürtig ist. Ihre Figur ist stark, bietet unglaublich viel Charisma und sieht zu dem auch noch verdammt gut aus.

Stümperhaftes Drehbuch und nutzlose Nebendarsteller

Was man von Annabelle Wallis (Annabelle) nicht gerade behaupten kann. Sie spielt die Archäologin Jenny Halsey und ist die klassische „Ich muss gerettet werden, weil ich nichts anderes kann als gut auszusehen“-Figur. Normalerweise mag ich Wallis eigentlich sehr gerne. Vor allem an der Seite von Cillian Murphy in der Serie Peaky Blinders. Doch hier ist sie einfach nur ein nerviges Anhängsel, welches nicht einmal Ansatzweise etwas zur Story beiträgt, geschweige denn auch nur einmal selbständig handelt. Genauso ergeht es Jake Johnson. Der „New Girl“-Star dient lediglich als Lückenfüller und schafft es mit standardisierten One-Linern, dass ich mir mehr als einmal den Nasenrücken massieren musste und dachte: „Halt bitte einfach deine Klappe“. Dabei halte ich ihn durchaus für einen annehmbaren Komiker, der wirklich witzig ist. Doch wenn die Autoren nichts von Comedy verstehen, kann auch der Komiker nichts daraus machen.

Wohin wir auch gleich zu dem größten Problem von The Mummy kommen: dem Drehbuch. Dieses wurde herumgereicht wie die Kanne Kaffee bei einem Treffen der Anonymen Alkoholiker.  Ganze sechs Autoren haben daran herumgewerkelt. Und wie heißt es so schön: „Viele Köche verderben den Brei“. Und dieser Brei schmeckt einfach zu schlecht. Zu viele Zutaten, gemischt in einer unübersichtlichen Reihenfolge, ohne ein Gefühl für Harmonie.  Dabei sind die Köche keine Unbekannten.  David Koepp (Jurassic Park), Christopher McQuarrie (Edge Of Tormorrow), Jon Spaiths (Prometheus) oder Jenny Lumet (Rachels Hochzeit) gehören durchaus zu den qualitativ besseren Autoren. Das Problem nur ist, dass jeder versucht der Geschichte seinen eigenen Stempel aufzudrücken, was sich negativ auf das Timing und die Stimmung des Films auswirkt. Man hat das Gefühl, als hätte man versucht vier verschiedene Filme in einen zu stopfen. Während die Actionszenen durchaus zu unterhalten wissen, kämpfte ich mich regelrecht durch die eigentliche Geschichte und wartete auf den nächsten Knall.

Tom Cruise, Russell Crowe The Mummy
Russell Crowe als Dr. Jekyll

Interessanterweise hat man sich beim Schreiben sehr stark an Marvels Avengers orientiert. So wirkt Russell Crowe als Dr. Henry Jekyll wie eine Kopie von Samuel L. Jacksons Figur Nick Fury (und macht dabei trotzdem noch eine hervorragende Figur und spielt, meiner Ansicht nach, den besten Jekyll seit Jahren). Wie ja schon anfangs erwähnt, plant Universal ein größeres Universum zu gestalten, wobei jedes einzelne Filmmonster seinen eigenen Film bekommt, nur um am Ende zusammen in einem Film aufzutreten. Genau wie im MCU. Und genau da liegt der Knackpunkt. Denn The Mummy fühlt sich an wie ein Puzzleteil. Es gibt zu viele lose Enden oder Andeutungen, die irgendwann im Sand verlaufen, auch wenn es ziemlich clevere Anspielungen auf andere mögliche „Dark Universe“Mitglieder gibt, was durchaus ziemlich cool ist.

Fazit

The Mummy hätte der starke Anfang eines größeren Ganzen sein können. Doch trotz wirklich guten Leistung von Cruise, Boutella und Crowe, einer gehörigen Portion Action und dem einen oder anderen gelungen Joke, ist der Film nichts weiter als eine Aneinanderreihung von spektakulären Szenen, die über ein stümperhaftes Drehbuch und nutzlose Nebendarsteller hinwegtäuschen sollen. Kinobesucher, die keine tiefschürfende Story fordern und ihre Erwartungshaltung etwas senken, werden trotzdem ihren Spaß haben.

Fun Fact: In einer Szene gibt es eine wirklich gelungene Hommage an die 1999er-Verfilmung mit Brendan Fraser, bei der man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.

Dieser Beitrag stammt von Jörg von Film und Feder und ist dort zuerst erschienen.

 

Bewertung

Spannung Rating: 2 von 5
Atmosphäre rating1_5
Gewalt  Rating: 0 von 5
Ekel  Rating: 0 von 5
Story  Rating: 2 von 5

Bildquelle: The Mummy © 2017 Universal Pictures Internatinal

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