Rache der Pharaonen
Kritik

Die Rache der Pharaonen (1959) – Review

oder: Christopher Lee, die naturgewaltige Mumie

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

The Mummy
Großbritannien
86 Minuten
Terence Fisher
Jimmy Sangster

Das alte Ägypten und britischer Kolonialismus

Mit Die Rache der Pharaonen brachte Hammer Films 1959 das nächste klassische Universal-Monster nach Frankensteins Fluch (1957) und Dracula (1958) auf die Leinwand. Wieder mit dem Hammer-Stammpersonal, unter anderem Regisseur Terence Fisher und die Akteure Christopher Lee und Peter Cushing, ausgestattet, versucht das britische Filmstudio das alte Ägypten wieder zu beleben, wofür sogar die Rechte am Stoff von Universal gekauft wurden.

Die Geschichte entführt uns zuerst ins Ägypten des ausgehenden 19. Jahrhunderts, welches damals unter britischer Herrschaft stand. Genauer gesagt zur Ausgrabungsstätte des Grabmals der Prinzessin Ananka. Trotz der Warnung des Einheimischen Mehemet Bey öffnen die Ägyptologen die versiegelte Grabstätte. Wenn das mal nicht die Rache der Pharaonen provoziert.

Hammer Style

Werden heutzutage insbesondere in Europa, ganz nach der Auteur-Theorie, die kreativen Verdienste eines Filmes vorwiegend dem Regisseur zugeschrieben, regierte speziell in den Vereinigten Staaten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch das Produzentenkino. Im Horrorbereich ist hier vor allem RKO-Produzent Val Lewton bekannt dafür die kreativen Zügel in der Hand gehabt zu haben. Bei Hammer Films hingegen steht das Studio selbst im Vordergrund. So wird von den Mitarbeitern immer wieder der familiäre Charakter der Arbeit beim Studio hervorgehoben und viele Personen, ob vor oder hinter der Kamera, haben über Jahre mit Hammer Films zusammengearbeitet. Regisseur Terry Fisher passte hervorragend in dieses Arbeitsumfeld, da es ihm nicht darum ging seine exakte Vision auf Zelluloid zu bannen wie man es zum Beispiel von Perfektionisten wie Kubrick kennt, sondern den Film zusammen mit Cast und Crew zu entwickeln, wofür er viel kreativen Raum zur Verfügung stellte.

Zur Stammbesetzung gehörten neben Fisher, Lee, Cushing und vielen anderen altbekannten Hammer-Gesichtern auch Produzent Michael Carreras, dessen Herz weniger für die billigen Horrorfilmchen, sondern eher für den epischen Eskapismus der 50er-Jahre schlug wie zum Beispiel Die 10 Gebote oder Die unglaublichen Abenteuer des Herkules. Dieser Vorliebe ist es geschuldet, dass Die Rache der Pharaonen sich teilweise eher wie ein Abenteuerfilm anfühlt. Vor allem verdanken wir auch Carreras einen sehr langen Rückblick, der uns ins alte Ägypten entführt. Auch wenn dies dramaturgisch so gar nicht passen will, so sieht es doch einfach verdammt gut aus.

Rache der Pharaonen

Gothic Horror trifft auf eskapistischen Abenteuerfilm

Es ist auch diese eigenartige Verknüpfung von Gothic Horror und eskapistischem Abenteuerfilm, die Die Rache der Pharaonen so besonders macht. Allein schon der Soundtrack beim Intro ist unglaublich stimmungsvoll und schickt uns direkt nach Ägypten. Der Film will uns in eine fremde Welt entführen und uns zeitgleich zu Tode erschrecken – und diese krude Mischung macht mir unheimlich viel Spaß!

Da nehme ich dann auch gerne in Kauf, dass die Dramaturgie etwas holprig geraten ist. So gern ich den angesprochenen Flashback mag, an dieser Stelle und in dieser Form ergibt er einfach überhaupt keinen Sinn. Allgemein wirkt die Reihenfolge der Szenen teilweise etwas willkürlich und dies wird erst zum Finale hin besser. Dies lässt sich aber wie gesagt gut verkraften, denn nicht nur die grundsätzliche Tonalität ist äußerst ansprechend, sondern auch viele weitere Punkte machen diesen Beitrag von Hammer Films zu einem der besten Horrorabenteuerfilme aller Zeiten.

Zum einen bietet Die Rache der Pharaonen einen tollen Cast. Peter Cushing sehe ich grundsätzlich sehr gerne und er schafft es seinen Rollen immer einen gewissen britischen Charme und Gravitas zu verleihen. Dazu noch Christopher Lee, der die Mumie nicht als gehbehinderte Mager-Bedrohung darstellt, sondern einer Naturgewalt gleicht und dabei gleichzeitig einen ungeheuren inneren Schmerz überträgt. Dies und auch das formidable Make-Up erinnern mich teilweise an Boris Karloffs phantastischen Frankenstein.

Der große Star ist für mich aber definitiv das wundervoll in Szene gesetzte Set. Ich liebe diese Kulissen! Sei es die Ausgrabungsstätte, der Tempel oder der englische Sumpf. Dazu noch die oft surreal gehaltene Beleuchtung. Ob in giftiges grün getauchte Grabkammern oder Sümpfe in rätselhaftem bis romantischem rot – es sieht einfach bezaubernd aus.

Es bleibt allerdings ein Wermutstropfen, dass einiges den britischen Zensoren der BBFC zum Opfer gefallen ist. So musste das Sounddesign empfindlich entschärft werden, wodurch Genick und Rückgrat vollkommen lautlos brechen, was der Szene natürlich auch etwas an Intensität nimmt. Gerade Horrorfans wissen wie wichtig die Tonspur für den Gänsehautfaktor ist. Im äußerst brutalen Rückblick mussten ganze Szenen dran glauben, wodurch der Film schlussendlich wesentlich zahmer daherkommt, als der Ruf von Hammer Film versprechen würde.

Jegliche Zugeständnisse an bornierte Zensoren lassen zwar mein Herz bluten, ändern aber nichts daran, dass Hammer Film mit Die Rache der Pharaonen ein hervorragender Film gelungen ist, den ich sogar dem Original von Universal vorziehen würde. Ich schwöre beim großen Tempel… äh… Gott Karnak!

 

Bewertung

Spannung Rating: 2 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt Rating: 1 von 5
Ekel Rating: 0 von 5
Story Rating: 2 von 5

Bildquelle: Die Rache der Pharaonen © Warner Home Video

Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?