The Autopsy of Jane Doe
Kritik

The Autopsy of Jane Doe (2016) – Review

oder: die mysteriöse Bedrohlichkeit eines Leichnams.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

The Autopsy of Jane Doe
USA/Groß Britannien
86 Minuten
André Øvredal
Ian Goldberg, Richard Naing

Jane Doe

Die Grundidee von Jane Doe fand ich äußerst spannend und dazu noch von André Øvredal inszeniert, der mich schon mit Trollhunter überzeugen konnte. Dann kam der Trailer und mein Interesse sank rapide. Erst als ein Freund mir minutenlang mit Lobgesängen in den Ohren lag, beschloss ich dann doch dem englischsprachigen Debüt des Norwegers eine Chance zu geben.

Bei der angesprochenen Grundidee folgen wir dem in der Leichenhalle arbeitenden Vater-Sohn-Paar, gespielt von Brian Cox und Emile Hirsch, die es eines Nachts mit einem mysteriösen Todesfall zu tun bekommen. Natürlich bleibt es nicht nur bei der rätselhaften Leiche, mangels Identifizierung als Jane Doe bezeichnet.

Luftig-leicht mit dezentem Verwesungsgeruch

Schon zu Beginn fällt sehr positiv auf, dass André Øvredal einerseits seinen Protagonisten ernsthaftes Interesse entgegenbringt und andererseits das Studio-Set mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet wurde. Bei einem Film in dem hauptsächlich drei Personen vorkommen, wovon eine tot ist, und der zum überwiegenden Teil an einer einzigen Location spielt, ist dies allerdings auch essentiell.

Hier muss man vor den Machern wirklich den Hut ziehen. Die Vater-Sohn-Beziehung angereichert um das Drama um die kürzlich verstorbene Partnerin beziehungsweise Mutter ist glaubwürdig geschrieben. Zudem auch toll gespielt von Brian Cox und Emile Hirsch. Die Show stiehlt ihnen allerdings die Dritte im Bunde: Olwen Kelly. Ich hab selten eine Leiche mit so viel Ausstrahlung gesehen. Jane Doe ist  als Antagonistin wahrlich ein (Alb-)Traum und überaus gelungen.

Cox und Hirsch können in der als sehr lustvoll und spielerisch dargestellten Arbeit in der Leichenhalle toll aufspielen, zudem schlägt Jane Doe hier von Beginn an einen melancholisch angehauchten luftig-leichten, wenn auch von morbidem Verwesungsgeruch durchsetzten, Ton an. In Zusammenhang mit dem Schauspiel entfaltet sich dadurch ein Sog dem man sich kaum entziehen kann – und in den meisten Fällen wohl auch gar nicht wollen wird.

 

Von Mystery-Krimi zu Horror

The Autopsy of Jane DoeDramaturgisch entfaltet sich hier schnell ein fesselnder Krimi rund um die Todesursache unseres Opfers. André Øvredal legt hier sichtlich viel Wert auf eine möglichst realistische Darstellung der Autopsie und verwendet auch viel Zeit darauf das toll ausgestattete Set zu erkunden und die Protagonisten bei ihrer Arbeit zu verfolgen. Ganz ohne übernatürliche Vorkommnisse ist dies schon spannend genug.

Der Umschwung von Mystery-Krimi zu Horror ist dann allerdings doch etwas abrupt, auch wenn die unerklärbaren Ereignisse sehr behutsam in die Inszenierung eingeflochten werden, zum Beispiel über den tollen Einsatz der Tonspur.

Hier kommt der Film dann leider etwas ins Stocken. Die mysteriöse Bedrohung weicht Krawall, die ruhige, stilsichere Inszenierung weicht wilden Kamerafahrten und hektischen Schnitten. In dieser Phase werden dann auch leider fleißig die Konventionen des Genres bedient, was der Film in der Form nicht nötig gehabt hätte.

Abzüge in der B-Note

Zum Ende hin findet Jane Doe zwar wieder seinen Rhythmus, das Drehbuch weiß aber offenbar nicht so recht wie es das Mysterium nun auflösen soll. Für meinen Geschmack wird die Auflösung etwas zu schnell runtergerasselt und leider auch mehr offenbart als nötig gewesen wäre.

Damit verschenkt der Film unglücklicherweise die Möglichkeit ganz oben mitmischen zu können. Es hätte wahrscheinlich nicht geschadet dem Streifen eine weitere halbe Stunde zu gönnen, um die Horrorelemente und auch die Auflösung besser entwickeln zu können. Nichtsdestotrotz gehört Jane Doe zu den besseren Filmen der letzten Jahre und beweist, dass Trollhunter von André Øvredal nicht nur ein Glücksgriff war. Ein Blick lohnt sich allemal.

 

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 4 von 5
Gewalt Rating: 1 von 5
Ekel Rating: 1 von 5
Story Rating: 3 von 5

Bildquelle: The Autopsy of Jane Doe © IFC Films

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Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?