Film Festival
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Hexen, Zombies und Meerjungfrauen auf dem Weg gen Süden

So lässt sich mein letztes Wochenende auf dem /slash ½ Filmfestival zusammenfassen. Das gesamte Programm und alles zum Hauptfestival im September gibt es auf der Homepage des /slash. Letztes Wochenende startete übrigens auch die Crowdfunding-Kampagne, die ich allen ans Herz legen möchte. Das Team des Festivals leistet nun schon seit sieben Jahren hervorragende Arbeit und verdient all eure Liebe!

Aber zurück zum Mid-Term Festival. Von den gezeigten 12 Filmen habe ich mir vier angeschaut, die ich euch nicht vorenthalten will.

The Witch

Da dieses atemberaubende Debütwerk auf meiner Liste der meist erwarteten Horrorfilme 2016 steht, habe ich ihm schon eine eigene Kritik gewidmet.

Darum möchte ich die paar freien Zeilen nutzen, um an das Kinopublikum zu appellieren. Geschmäcker sind verschieden. Wenn euch ein Film nicht gefällt, ist es nicht nötig dies regelmäßig mit Kommentaren oder hysterischem Gelächter kund zu tun. Andere können einem Film vielleicht mehr abgewinnen und würden sich gerne auf diesen konzentrieren. Also denkt an eure Mitmenschen und haltet die Fresse. Vielen Dank!

Nachdem ich das losgeworden bin, wieder zu erfreulichen Dingen: Zombies!

 

I Am a Hero

I Am a Hero ist ein hochbudgetierter japanischer Zombie-Kracher basierend auf dem gleichnamigen Manga von Kengo Hanazawa, welchen ich leider nicht kenne.

Der Film handelt von Mangazeichner Hideo Suzuki, der im Leben nichts so recht auf die Reihe kriegt und plötzlich mit seiner Schrotflinte, die er sich aber nicht so recht zu benutzen traut, der Zombie-Apokalypse entgegensteht. Mit der Sehnsucht endlich Anerkennung zu bekommen, muss Hideo nun in diesem Zombie-Abenteuer lernen für sich einzustehen.

Ein Rezept das schon oft komödiantisch verwurstet wurde. I Am a Hero ist hier, allein schon auf Grund seiner Manga-Grundlage, glücklicherweise sehr eigenständig unterwegs. Gerade auch im Hinblick auf die bekannten Nippon-Splatter von Yoshihiro Nishimura (z.B. Tokyo Gore Police) und Noboru Iguchi (z.B. Machine Girl) ist er zudem erstaunlich bodenständig geworden und verzichtet zum großen Teil auf eine albern-schräge Over-the-Top Splatter-Orgie – aber keine Sorge mit bizarren Ideen kann der Film mehr als genug aufwarten. Dafür sorgen allein schon die mit viel Persönlichkeit ausgestatteten Zombies.

Ein weiterer großer Pluspunkt sind die wandelnden Settings, die uns, zeitweise einem Roadmovie ähnlich, von Tokyo über Autobahnen und die Wälder am Fuße des Fuji (The Forest lässt grüßen) bis hin zu einem Fuji Outlet Store bringt (Romero-Referenzen unverkennbar).

So bleibt am Ende ein erfrischender Zombiefilm, der sich souverän bei seinen Vorbildern bedient und es dennoch schafft seine skurril-liebenswürdige Eigenständigkeit zu bewahren.

 

The Lure (OT: Córki dancingu)

Weiter ging es für mich mit dieser polnischen Nacherzählung von Hans Christian Andersen „Die kleine Meerjungfrau“ als Erotik-Musical-Horror-Groteske. Man mag es allein an diesem Satz schon erahnen, dass der Film sich nicht an ein Mainstream-Publikum wendet. Die Geschichte ist total abgefahren, es ist oft nicht einfach ihr zu folgen, die Charaktere sind schräg und es ist ein polnisches Musical! Also es wird gesungen. Sehr viel. Auf polnisch.

Falls ich euch damit jetzt nicht abschrecken konnte, wäre es gut möglich, dass der Film genau das Richtige für euch ist. Ich für meinen Teil bin ein bisschen verliebt. In  die Regisseurin Agnieszka Smoczyńska, ihr Filmteam und den gesamten Cast.

Ich bin verliebt in die ohrenumschmeichelnden Songs, in das detailverliebte Dekor, in die authentischen Creature Designs inkl. Schlitz an der Flosse für Geschlechtsverkehr, in grelle, kontrastreiche Kameraarbeit und in die bezaubernden Meerjungfrauen.

Da stört es mich dann auch wenig, dass die Story sich immer mal wieder auflöst und einige Charaktere so plötzlich verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. The Lure ist schräg, bizarr, eigenwillig und einfach eine bezaubernde Kinoerfahrung.

 

Southbound

Von den Machern von V/H/S, wie es so schön heißt, bekommen wir nun eine neue Horror-Anthologie präsentiert mit dem großen Vorteil: kein Found Footage, keine Wackelkamera!

Ansonsten gilt natürlich der Anthologie-Standard-Satz: die Qualität schwankt je nach Episode beträchtlich. Southbound kommt allerdings wie aus einem Guss daher. Dies liegt einerseits daran, dass die Episoden fließend ineinander übergehen und andererseits sind sie sich auch stilistisch sehr ähnlich – und das staubtrockene Flair der Mojave-Wüste, der alle Episoden durchzieht, hat durchaus ihren Reiz. Der Film könnte genauso gut von einem einzigen Regisseur stammen und nicht von drei verschiedenen RegisseurInnen und einem ganzen Regie-Kollektiv. Der Reiz eines Episodenfilms unterschiedliche Stile in einem Film zu haben, geht dadurch natürlich leider verloren.

Inhaltlich geht es im Gegensatz dazu sehr divers zu und her. Hier bekommen wir das volle Programm von Home Invasion über Body Horror bis hin zu Backwood-Okkult-Horror.

Unterm Strich ergibt das vier vergnügliche Horror-Kurzgeschichten, die definitiv zu unterhalten wissen. Das nächste Mal noch ein bisschen mehr Mut zum eigenen Stil und das Ergebnis bleibt auch noch etwas länger haften.

 


 

Das war es von mir vom /slash ½ 2016. Es war mir wie immer ein Vergnügen Gast sein zu dürfen und ich freue mich schon riesig auf das Hauptfestival im September!

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Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?